Nicolas Sarkozy unter Druck Frankreichs Wahlkampf wird deutsch

Paris · Frankreichs Präsident sitzt zwischen allen Stühlen. Täglich wird er mit neuen Umfragen unter Druck gesetzt. Mit Kanzlerin Angela Merkel soll er den Euro retten, obwohl beide selten einer Meinung sind. Seinen Landsleuten verkauft er Deutschland als Vorbild und betont dennoch Frankreichs Stärke. In einem Interview kamen nun gleich zwei Bundeskanzler zur Sprache: Angela Merkel und Gerhard Schröder.

 Energischer Auftritt im französischen Fernsehen: Nicolas Sarkozy schwört die Franzosen auf harte Zeiten ein. Als ein Vorbild nennt er Altkanzler Gerhard Schröder.

Energischer Auftritt im französischen Fernsehen: Nicolas Sarkozy schwört die Franzosen auf harte Zeiten ein. Als ein Vorbild nennt er Altkanzler Gerhard Schröder.

Foto: dpa, France 2 Television, Handout

71 Minuten lang nahm sich Nicolas Sarkozy am Sonntagabend Zeit, um zu seinem Volk zu sprechen. In einem langen TV-Interview rechtfertigte der 57-Jährige sich und seine Politik und schwor die Franzosen auf eine anstrengende Zukunft ein. Sarkozy, der Fragen nach der eigenen Kandidatur im Sommer weiter ausweicht, steht seit Monaten innenpolitisch unter Druck. Der Verlust der AAA-Bestnote in Sachen Kreditwürdigkeit schockte die Grande Nation. In aktuellen Umfragen spricht die Mehrheit der Franzosen dem Sozialisten Francois Hollande größere Kompetenz bei der Lösung der anstehenden Probleme zu. Gewählt wird im Sommer.

Vorbild Gerhard Schröder

Immer wieder kommt Sarkozy im Interview auf Deutschland zu sprechen. Paris und Berlin, das starke Tandem in Europa — diesen Eindruck wollen Sarkozy und Merkel seit vielen Monaten vermitteln. Wobei vielen Franzosen nicht entgangen ist, dass es meist Deutschland ist, das in entscheidenden Fragen die Richtung vorgibt. Nicht zuletzt aufgrund der derzeit hervorragenden wirtschaftlichen Lage.

Sarkozy präsentierte im Interview wahrhaft eine Giftliste. Die Mehrwertsteuer soll um 1,6 Prozentpunkte auf 21,2 Prozent steigen. Die Abgaben auf Finanzeinkommen steigen auf zwei Prozent. Die Mehreinnahmen sollen 13 Milliarden Euro pro Jahr betragen. Damit sollen die Sozialabgaben für niedrige Einkommen gesenkt werden. Eine Vorhaben, das vom ehemaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder inspiriert worden sei, erklärte Sarkozy.

"Die Deutschen haben 400.000 Firmen"

Frankreich müssen alles tun, damit die Industrie im Inland weiter produzieren könne. Vor diesem Hintergrund solle auch die 35-Stunden-Woche wieder abgeschafft werden. Der Franzose zeigt sich entschlossen. Wenn des Sozialpartner diese schmerzhafte Änderung nicht von selbst schaffen, werde der Gesetzgeber einschreiten. Wieder brachte Sarkozy das Beispiel Deutschland. "Die Deutschen haben 400.000 Firmen für den Export, wir haben nur 100.000", rechnete er vor. Innovationen, Forschung, Erleichterungen für die Industrie — so Sarkozys Masterplan.

Auch das enge Arbeitsverhältnis zur Kanzlerin kam im Interview zur Sprache. Ob er denn jetzt endlich seine Kandidatur offiziell mache, wo er auch die Unterstützung der Kanzlerin habe, fragten die Journalisten süffisant. Sarkozy konterte, dass die CDU-Chefin kein Wahlreich in Frankreich habe und auch noch keine gemeinsamen Auftritte geplant seien.

Bei der CDU klingt dies anders. Generalsekretär Hermann Gröhe kündigte Medienberichten zufolge gemeinsame Auftritte der Kanzlerin mit Sarkozy an. In der Union sei man sicher, dass Sarkozy und seine konservative Partei UMP für die Euro-Rettung der deutlich verlässlichere Partner sei als Hollande mit seinen Sozialisten. Ungewöhnlich ist diese europäische Nachbarschaftshilfe dennoch — besonders bei konservativen Parteien.

Alleingang bei der Transaktionssteuer

Der Präsident kündigte zudem eine Finanztransaktionssteuer an — im Alleingang und ohne die Deutschen. Der Satz so 0,1 Prozent betragen. Das gelte für jedes Unternehmen, das einen Sitz in Frankreich habe. Sein Land solle mit diesem Beschluss ein Beispiel für andere Länder sein, so der Präsident. Experten glauben indes: Eine Steuer im Alleingang wird kaum Wirkung haben. Deutschland drängt auch auf eine europaweite Lösung und sieht Frankreichs Entscheidung eher skeptisch.

Aber offenbar ging es Sarkozy auch weniger um die 0,1 Prozent. Der Franzose setzte damit eine der zentralen Forderung der Sozialisten um und nahm damit Hollande einigen Wind aus dem Segel. Zumal distanzierte er sich von der Kanzlerin, wählte für Frankreich einen anderen Weg als Merkel für Deutschland. Trotz gemeinsamer Auftritte mit der Kanzlerin könnte dies Sarkozy noch sehr nützlich werden.

(csi)
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