Neue Euro-Krise befürchtet Ökonomen warnen vor populistischer Regierung in Italien

Berlin · Führende Ökonomen warnen vor den Ausgabenplänen von Lega und Fünf-Sterne-Bewegung in Italien. Das angestrebte Regierungsbündnis könne mit einer überbordenden Ausgabenpolitik eine neue Euro-Krise auslösen, befürchten die Fachleute.

 Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (Archiv).

Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (Archiv).

Foto: dpa/Michael Kappeler

Kurz vor der Bildung einer populistischen Regierung in Italien ist die Nervosität in der EU groß. Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici appellierte an Rom, Haushaltsdefizite und die Staatsverschuldung weiter zu senken. Derzeit sei das Land auf dem richtigen Weg und erfülle die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, sagte Moscovici.

Italien ist bereits mit knapp 132 Prozent der Wirtschaftsleistung verschuldet, nach Griechenland ist das der zweithöchste Wert in Europa. Erlaubt sind 60 Prozent, die jährliche Neuverschuldung darf zudem drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten. Doch die Ausgabenpläne der angepeilten Regierungskoalition aus rechtsnationaler Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung könnten die Schulden deutlich erhöhen.

So warnte der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, eindringlich vor den Versprechen der Lega und der Fünf-Sterne-Bewegung: "Die Haushaltspolitik der italienischen Populisten ist brandgefährlich", sagte Krämer unserer Redaktion. Das Haushaltsdefizit könne von zuletzt 2,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf sieben Prozent steigen - und das bei einer Staatsschuld, die mehr als doppelt so hoch sei, wie der Maastricht-Vertrag maximal erlaube. "Dass die Staatsschuldenkrise nicht zurückkehrt, liegt nur an der EZB, die bald ein Drittel aller italienischen Staatsanleihen gekauft hat", sagte Krämer. Die Europäische Zentralbank sei mal wieder der Ausputzer. Der Chefvolkswirt sieht die EZB aber auch in der Verantwortung. "Damit hat die EZB die Populisten ja erst zu ihrer verantwortungslosen Haushaltspolitik ermuntert", sagte er.

Hüther sieht Parallelen zur Eurokrise in Griechenland

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, Michael Hüther, sieht politische Parallelen zur Eurokrise in Griechenland. "Die Pläne der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega werden nicht aufgehen. Man erinnere sich an den Start der Regierung des griechischen Premiers Alexis Tsipras und seiner Partei, die den Menschen auch das Blaue vom Himmel versprochen hatten und am Ende die Realitäten akzeptieren mussten. Eine lange Haltbarkeit wird dieser Kurs nicht haben", sagte Hüther. Die künftigen Koalitionäre in Italien seien dabei, das Land in eine Situation hineinzureiten, in der ihnen niemand mehr helfen könne. Italien sei zu groß, um gerettet zu werden. "Am Ende wird sich eine Regierung an den Bürgern schadlos halten und die Steuern erhöhen müssen", betonte Hüther.

Unterdessen haben die Sorgen um die künftigen Beziehungen Italiens zur EU auch die Finanzmärkte belastet. Der Dax fiel bis zum Mittwochnachmittag um 1,8 Prozent auf 12.936 Punkte, der Eurostoxx 50 verlor 1,6 Prozent auf 3528 Zähler. Bei den italienischen Staatsanleihen ging der Ausverkauf weiter, und auch der Euro geriet unter Druck. "Italien ist die Achillesferse der Eurozone", fasste Analyst Eugen Keller vom Bankhaus Metzler die Stimmung zusammen. Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners gab sich ebenfalls pessimistisch. "Italien ist groß genug und verschuldet genug, um eine Eurokrise 2.0 im Alleingang auszulösen", sagte er.

Staatspräsident Sergio Mattarella gab Conte am Mittwochabend den Regierungsauftrag als Ministerpräsident. Die künftige Regierung muss noch vom Parlament bestätigt werden, in dem beiden Parteien aber eine Mehrheit haben. Die Abstimmung wird für kommende Woche erwartet.

(RP)
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