Athen enttäuscht in Verhandlungen Eurogruppe verzweifelt an Griechenland

Düsseldorf /Brüssel · Immer mehr Indizien weisen darauf hin, dass die Gespräche mit Griechenland kurz vor dem Scheitern stehen. Brüssel verzweifelt an der Unfähigkeit der griechischen Unterhändler, verbindliche Zusagen zu machen. Hinter den Kulissen arbeiten die Regierungen bereits an Plan B.

Worterklärungen in Griechenlands Schuldenkrise
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Foto: dapd, Michael Gottschalk

"Es wird in Riga keine Einigung geben." So zitiert die "Süddeutsche Zeitung" einen angeblich hochrangigen Vertreter der Eurozone. Ein Satz mit Sprengkraft. Der für den 24. April geplante Durchbruch müsste abgesagt werden. Doch sieht es wenige Tage zuvor ganz danach aus.

Mehrere Gründe sprechen dafür.

Die Zeit wird zu knapp. Es sei "ausgeschlossen", bis zum 24. April ein konkretes und verbindliches Reformprogramm für Griechenland zu verabschieden, heißt es im Bericht der "Süddeutschen". Athen hatte am 20. Februar schriftlich zugesagt, bis Ende April eine verbindliche Reformagenda vorzulegen. Nur dann, so die Bedingung der Euro-Staaten, würden noch die letzten 15 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungspaket ausgezahlt. Der für die Eurozone zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovski, sagte dem "Handelsblatt", in Riga werde es keine neue Kredittranche, sondern lediglich "eine Bestandsaufnahme der Reformschritte" geben.

Die wichtigsten Versprechen im Sparplan der Griechen
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Foto: ap

Extremer Druck. Bisher haben die Staaten der Eurogruppe nicht erkennen lassen, dass sie bereit sind Abstriche an ihren Bedingungen zu machen. Insbesondere aus Deutschland sind unverändert harte Signale zu vernehmen. So stellte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) via "Bild" klar, dass Athen zunächst einmal einen vernünftigen Reformplan" vorlegen müsse, bevor man sich Gedanken über ein drittes Hilfspaket machen könne. "Wer hofft, Europa würde einknicken, liegt falsch", so Kauder. "Wir weden keinen Deut von unseren Forderungen abweichen."

Mangelnde Kompetenz. Zunehmende verzweifeln die Unterhändler der Eurogruppe an den Verhandlungen mit den griechischen Partnern. Die "FAZ" berichtet unlängst, die Fachleute in Brüssel seien erschüttert. "Wie einTaxifahrer" habe der griechische Vertreter immer nur gefragt, wo das Geld bleibe. Aus der Euro-Gruppe verlautete laut "SZ", es sei "schlicht unmöglich", in der griechischen Regierung einen kompetenten Ansprechpartner zu finden. Erfahrene Beamten hätten unter der Regierung von Alexis Tsipras ihre Posten verloren. Die Nachfolger seien nicht in der Lage, verbindliche Aussagen zu treffen - vor allem, weil sich das regierende Linksbündnis Syriza nicht einig sei und Syriza-Chef und Ministerpräsident Tsipras ein Auseinanderbrechen vermeiden wolle. In der Chefetage der Europäischen Kommission schwankt die Stimmung demnach zwischen "Frustration und Resignation".

Gespenst von Neuwahlen. Gleichzeitg sind auch aus Athen immer wieder Signale zu registrieren, die auf keinen guten Verlauf der Gespräche schließen lassen. So ist immer wieder von Neuwahlen oder einen Referendum über den Sparkurs zu hören. Zuletzt etwa spekulierte ein enger Vertrauter des griechischen Ministerpräsidenten Tsipras, bei Entscheidungen von solche "historischer Bedeutung" wäre es gut, das Volk zu fragen. Erst Anfang der Woche hatte Berichte über Pläne für mögliche Neuwahlen für Aufregung gesorgt. Tsipras wolle damit den Druck auf die Geldgeber erhöhen.

Die Aussichten. Auch wenn der Durchbruch am 24. April ausbleibt, ist das noch nicht das Ende. Schon richtet sich in Brüssel der Blick auf den Mai. In EU-Kreisen wurde betont, dass eine weitere Verschiebung der Entscheidung für Griechenland verkraftbar sein müsste. Nach den derzeit vorliegenden Zahlen müsse der Staat in den kommenden Wochen lediglich Gehaltszahlungen in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro leisten. "Der 24. ist kein Termin, an dem irgendetwas passieren muss", hieß es in Brüssel. Zur Not könne die Entscheidung über neue Finanzhilfen auch erst beim Eurogruppen-Treffen am 11. Mai getroffen werden.

Plan B. Doch wächst mit jedem Tag die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland den Staatsbankrott erklären muss. In den Fachministerien der Euro-Staaten brüten die Experten längst über möglichen Ausstiegsszenarien, um für Tag X gewappnet zu sein. Das Grundgerüst dafür lag noch aus dem Jahr 2012 in der Schublade, als das Aus für Griechenland schon einmal kurz bevorstand. Offiziell reden mag darüber niemand. Das aber nur, damit Athen im Falle der Pleite nicht sagen kann, die Euro-Staaten hätten die Griechen schon immer aus dem Euro drängen wollen.

Letzte Hoffnung Washington. Aus Kreisen der EU-Kommission hieß es, Fortschritte quasi in letzter Minute könnten möglicherweise Gespräche am Rande des Frühjahrstreffens von IWF und Weltbankgruppe in Washington bringen. Dort werden von diesem Mittwoch an wichtige Entscheidungsträger erwartet. Nicht auszuschließen, dass der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis Erfolge erzielt. Gerade in den USA gibt es viele Kritiker der deutschen Sparpolitik. Sie fordern wie Athen ein Umsteuern: Griechenland und andere Krisenländer sollten weniger sparen und reformieren müssen, um neue Hilfsgelder zu erhalten. Stattdessen sollten die Geldgeber in Griechenland kreditfinanzierte Investitionsprogramme absichern.

(pst)
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