Von Hassrede bis Plagiatverkauf EU einigt sich auf strengere Regeln für Amazon, Google und Co.

Brüssel · Hass- und Falschnachrichten, Kriegspropaganda, Verkauf gefälschter Produkte: Was offline illegal ist, soll auch online verboten sein. Nach diesem Prinzip gibt die EU den mächtigen Internetkonzernen neue Regeln vor.

 Logos der Apps von Google, Amazon und Facebook auf einem Handy (Archivfoto).

Logos der Apps von Google, Amazon und Facebook auf einem Handy (Archivfoto).

Foto: dpa/Stefan Jaitner

Die EU-Institutionen haben sich auf strengere Regeln für Internetkonzerne wie Google und Amazon geeinigt. Wie EU-Kommission und Parlament mitteilten, verständigten sich ihre Unterhändler in der Nacht zum Samstag mit den Mitgliedstaaten auf den sogenannten Digital Services Act (DSA). Mit dem Gesetz über digitale Dienste müssen Onlineplattformen künftig verstärkt gegen Hass- und Falschnachrichten und andere illegale Inhalte vorgehen.

Nach dem Gesetz müssen die Technologie-Unternehmen nun die Inhalte auf ihren Plattformen strikter überwachen und eine Gebühr an die Regulierungsbehörden zahlen. Bei Verstößen gegen die Vorschriften können die Unternehmen mit Geldbußen von bis zu 6 % ihres weltweiten Umsatzes bestraft werden. Bei wiederholten Verstößen kann ihnen die Geschäftstätigkeit in der EU untersagt werden.

Unter anderem soll der DSA sicherstellen, dass illegale Inhalte wie Hassrede schneller aus dem Netz entfernt, schädliche Desinformation und Kriegspropaganda weniger geteilt und auf Online-Marktplätzen weniger gefälschte Produkte verkauft werden. Grundlegendes Prinzip ist: Was offline illegal ist, soll es auch online sein. Anbieter digitaler Dienste sollen von Rechtssicherheit und einheitlichen Regeln in der EU profitieren. Große Plattformen mit mindestens 45 Millionen Nutzern müssen deutlich mehr Regeln befolgen als kleinere.

Plattformen sollen etwa dazu verpflichtet werden, die wichtigsten Parameter ihrer Empfehlungsalgorithmen offenzulegen. Diese entscheiden auf vielen Plattformen darüber, welche Nachrichten, Videos oder Produkte den Nutzerinnen und Nutzern angezeigt werden. An den meist geheimen Empfehlungsalgorithmen gibt es immer wieder Kritik.

Darüber hinaus soll es mit dem DSA Einschränkungen für personalisierte Werbung geben, etwa bei Minderjährigen und bei besonders sensiblen Daten wie politischen Einstellungen.

Mit dem von der Kommission 2020 vorgeschlagenen Gesetz will die EU Internetnutzerinnen und -nutzer besser schützen und die Marktmacht der Online-Giganten eindämmen. Die Einigung bedarf noch der formalen Zustimmung des Europaparlaments und der EU-Staaten, dies gilt aber als Formsache. Der DSA könnte dann kommendes Jahr in Kraft treten.

n Deutschland gilt schon jetzt das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zur Bekämpfung von Straftaten und Hassrede im Internet. Dies dürfte in weiten Teilen durch den DSA ersetzt werden.

Für die letzte Verhandlungsrunde zum DSA wurden ganzen 16 Stunden gebraucht. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach anschließend von einer historischen Einigung. „Unsere neuen Regeln werden die Online-Nutzer schützen, die freie Meinungsäußerung gewährleisten und den Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen.“ Dies sei ein starkes Signal für die Menschen, Unternehmen und Länder weltweit.

Der Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer zeigte sich von dem Ergebnis jedoch enttäuscht. „Die Bezeichnung „Digitales Grundgesetz“ verdient das neue Regelwerk insgesamt nicht, denn der enttäuschende Deal versagt vielfach beim Schutz unserer Grundrechte im Netz“, sagte Breyer. Martin Schirdewan von den Linken betonte hingegen: „Durch weitreichende Transparenzverpflichtungen öffnet der DSA die Blackbox der Algorithmen der Online-Plattformen.“ Alexandra Geese (Grüne) sagte: „Europa geht damit auch in die Offensive gegen die Übermacht der Big Tech Unternehmen.“

(peng/AFP/dpa/Reuters)
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