EU verändert Türkei

Es ist erst ein paar Tage her, da hat ein enger Vertrauter des türkischen Premiers Erdogan eine Abkehr seines Landes von Europa gefordert. Dabei hatte Erdogan den Marsch in die EU jahrelang propagiert und als politischen Hebel benutzt, um die Türkei zu modernisieren und – das mag noch wichtiger gewesen sein – die alten kemalistischen Eliten endgültig zu entmachten. Beides ist ihm gelungen, möglicherweise besser als ihm heute lieb ist.

Der schwierige Prozess der Annäherung an die EU, der politisch seit Längerem ins Stocken geraten ist, mag inzwischen unpopulär sein in der Türkei. Aber er hat bereits Wirkung gezeigt, wie die jüngsten Urteile des türkischen Verfassungsgerichts deutlich machen. Die Richter, obwohl Erdogan ideologisch nahestehend, haben gleich mehrfach den Versuch der Regierung gestoppt, politische Gegner über die Justiz mundtot zu machen. Sie haben dabei westeuropäische Standards von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung angewandt. Das ist eine gute Nachricht für ein Land, das politisch tief gespalten ist und dessen Regierungschef zur Selbstherrlichkeit neigt.

(RP)
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