Verteidigungs-Interview Sebastian Edathy: Politiker reagieren fassungslos

Berlin · Sebastian Edathy löst mit seinen neuen Äußerungen empörte Reaktionen aus. "Nichts verstanden", sagt Wolfgang Kubicki, "absurd", heißt es aus der SPD-Spitze. Vizeregierungssprecher Georg Streiter stößt wegen seiner drastischen Wortwahl selbst auf Widerspruch.

Zitate zum Fall Sebastian Edathy
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Foto: Screenshot ARD

"Es ist unverfroren, Material im Grenzbereich zur Kinderpornografie jetzt auch noch als Kunst zu verkaufen", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der "Bild"-Zeitung vom Montag. Scheuer zeigte sich entrüstet über den Versuch Edathys die von ihm angekauften Nacktbildern von Kindern und Jugendlichen mit Aktbildern in der Kunstgeschichte zu vergleichen. Unionsfraktions-Vize Nadine Schön (CDU) warf Edathy in demselben Blatt vor, er unterstütze Geschäfte mit den Körpern von Kindern, "selbst wenn er nur legales Material gekauft haben sollte".

"Wenn er immer noch nicht begriffen hat, dass auch die Nacktaufnahmen, die er gekauft hat, Kindern schaden, hat er definitiv nichts in der Politik zu suchen", sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki ebenfalls zu "Bild".

Edathy hatte am Wochenende Vorwürfe zurückgewiesen, er sei ein Pädophiler. Auch kritisierte er das gegen ihn eingeleitete SPD-Parteiordnungsverfahren. "Ich bin nicht pädophil. In der Kunstgeschichte hat der männliche Akt, auch der Kinder- und Jugendakt, eine lange Tradition. Man muss daran keinen Gefallen finden, man darf es aber", sagte Edathy dem Magazin "Spiegel". Weiter forderte er Respekt vor seiner Privatsphäre, da er sich rechtskonform verhalten habe.

Vizeregierungssprecher Georg Streiter kommentierte dies drastisch: "Ich habe noch keinen gesehen, der sich im Museum einen runterholt", schrieb der Vizeregierungssprecher Medienberichten zufolge auf seiner Facebook-Seite. "Ich weiß nicht, was mich nun fassungsloser macht - die von Sebastian Edathy eingenommene Opferrolle oder dass ihm der Spiegel dafür eine Plattform bietet", schrieb Streiter weiter. Die Ausführungen Edathys kommentierte er als "widerlich hoch drei".

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) kritisierte wiederum die Attacke Streiters scharf. "Der Vizeregierungssprecher überschreitet seine Kompetenzen, wenn er dem 'Spiegel' Nachhilfeunterricht in Sachen Themenfindung erteilt", sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken dem Portal "Handelsblatt Online". Journalisten müssten selbst darüber entscheiden, welches Thema eine Redaktion journalistisch bearbeite.

SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel verteidigte das einstimmig vom Bundesvorstand beschlossene Parteiordnungsverfahren gegen Edathy. Dessen Interview-Äußerungen Edathys nannte er befremdlich. "Ich hätte mir einen selbstkritischeren Umgang mit der eigenen Situation gewünscht", sagte Schäfer-Gümbel nach einer Schaltkonferenz des SPD-Präsidiums in Berlin. "Es gibt ein Recht auf das eigene Bild", dieses gelte besonders für junge Menschen, hob der SPD-Vize hervor.

Edathys Angriffe gegen den Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel in dem "Spiegel"-Interview "halte ich für absurd", sagte Schäfer-Gümbel. Die Entscheidung, vorerst Edathys Mitgliedsrechte in der SPD ruhen zu lassen, sei einstimmig im Vorstand gefallen. Der Ex-Abgeordnete hatte die Einleitung eines Parteiordnungsverfahrens gegen ihn im "Spiegel" scharf kritisiert.

Auch SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach kritisierte Edathy. "Ich kann nur raten, dass er nicht versucht, sich als Opfer zu stilisieren", sagte er der Berliner "Tageszeitung" (Dienstagsausgabe). Der SPD-Linke Ernst Dieter Rossmann äußerte sich im "Hamburger Abendblatt" vom Montag enttäuscht, dass Edathy "kein Bedauern für die Kinder und Jugendlichen ausgesprochen hat, die für solche Fotos missbraucht werden".

Edathy hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Internet Nacktaufnahmen Jugendlicher "im Grenzbereich" zur Kinderpornographie bestellt.

(AFP, dpa)
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