Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen Schwarz-Rot ist sich einig bei Pkw-Maut und Rente

Berlin · Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen: Union und SPD einigen sich auf eine Pkw-Maut unter Bedingungen und auf neue, teure Rentenreformen. Die kleine Runde der Verhandler musste die Konfliktthemen selbst lösen. Am Mittwoch wollen die Parteichefs den Vertrag präsentieren.

Durchbruch bei den Koalitionsverhandlungen: Schwarz-Rot ist sich einig bei Pkw-Maut und Rente
Foto: ap, Michael Sohn

Die Spitzen von Union und SPD haben am späten Dienstagabend in einigen bisher strittigen Fragen Kompromisse gefunden. So einigten sich die Unterhändler beider Parteien auf die Einführung einer Pkw-Maut für Ausländer, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

"Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird", heißt es im Koalitionsvertrag, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt werden soll. Die Ausgestaltung müsse allerdings "EU-rechtskonform" erfolgen.

Rechtliche und praktische Umsetzung der Vignette noch unklar

Das Verkehrsministerium erhofft sich unter dem Strich Einnahmen von bis zu 800 Millionen Euro pro Jahr. Das entsprechende Gesetz soll im Laufe des Jahres 2014 verabschiedet werden und 2015 in Kraft treten. Im Gespräch ist eine Jahres-Vignette für 100 Euro.

Damit liegen die Hürden für die Einführung einer Maut allerdings hoch. Die Einnahmen der neuen Gebühr für die Staatskasse müssen die Verwaltungskosten für die Einführung übersteigen. Auch dürfte eine Verbindung zwischen dem Kauf einer Vignette und einer direkten Entlastung bei der Kfz-Steuer in der Praxis schwer umzusetzen sein. Kleinwagenhalter, die deutlich weniger als 100 Euro Steuern pro Jahr zahlen, müssten für den Kauf der Vignette an anderer Stelle entlastet werden. Wie dies rechtlich und praktisch umgesetzt werden soll, wissen Experten nicht.

Mütter sollen im Rentensystem bessergestellt werden

Am späten Abend einigte sich die 15-köpfige Spitzenrunde ("kleine Runde") außerdem auf kostspielige Rentenreformen. Demnach soll es ab 1.1.2014 eine Besserstellung von Müttern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, im Rentensystem geben. Außerdem sollen Arbeitnehmer, die mindestens 45 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt haben, mit 63 Jahren abschlagfrei in Rente gehen können.

Das hatte die SPD verlangt. Allerdings soll der abschlagfreie Zugang schrittweise an die Altersgrenze 65 herangeführt werden. Ein entsprechendes Gesetz soll zum 1. Juli 2014 in Kraft treten, erfuhr unsere Redaktion aus Verhandlungskreisen. Außerdem haben sich Union und SPD auf eine "solidarische Lebensleistungsrente" für Geringverdiener in Höhe von bis zu 850 Euro pro Monat ab 2017 verständigt. Auch die Erwerbsminderungsrenten sollen verbessert werden.

Union blieb beim Arbeitsrecht hart

Während die SPD sich bei den rentenpolitischen Maßnahmen durchsetzen konnte, blieb die Union bei den von der SPD verlangten Korrekturen im Arbeitsrecht hart. Eine sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bleibt weiterhin bestehen. Auch Steuererhöhungen sind vom Tisch. Union und SPD verpflichten sich, 2015 einen strukturell ausgeglichenen Bundeshaushalt (ohne konjunkturelle Effekte) vorzulegen.

Einig waren sich Union und SPD auch bei der Einführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung zur Verbrechensbekämpfung. Die Umsetzung der EU-Richtlinie zur befristeten Speicherung von Internet- und Telefon-Verbindungsdaten bei strafrechtlichen Ermittlungen war von der FDP in der vorherigen Regierung lange blockiert worden.

Noch bis in die Nacht wollten Union und SPD die letzten Details für den Koalitionsvertrag klären. Am Mittwoch soll der Vertrag in Berlin von den drei Parteichefs Horst Seehofer (CSU), Angela Merkel und Sigmar Gabriel (SPD) präsentiert werden.

(brö)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort