Unions-Fraktion plant Gesetz Kommen geheime Absprachen beim Medikamentenhandel?

Berlin · Die Union will offenbar per Gesetz Geheimabsprachen beim Medikamentenhandel ermöglichen. Einem Positionspapier der Bundestagsfraktion zufolge soll erreicht werden, dass die zwischen Herstellern und Krankenkassen vereinbarten Preise für neue Medikamente künftig geheim gehalten werden.

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Foto: AOK Mediaservice

"Eine Veröffentlichung ist grundsätzlich nicht notwendig für die Preisverhandlungen", heißt es in dem Papier. Die schwarz-gelbe Koalition würde bei einer solchen Änderung des bestehenden Gesetzes einen von der Pharmabranche lange Zeit gehegten Wunsch erfüllen.

Ein Sprecher von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) bestätigte auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dapd, dass eine Neuregelung geprüft werde. Die Unionsfraktion habe das Ministerium darum gebeten. "Wir müssen schauen, was überhaupt rechtlich möglich ist", sagte der Sprecher. Erst danach werde es weitere Gespräche zwischen Union und FDP zu diesem Thema geben.

Die "Süddeutsche Zeitung" zitierte aus einem vom "Verband forschender Arzneimittelhersteller" beauftragten Gutachten, in welchem der Grund genannt werde, warum die Pharmabranche auf eine Neuregelung dringe: So führt nach Einschätzung der Experten ein öffentlich ausgewiesener Rabatt in Deutschland dazu, dass die Preise für das betroffene Produkt auch in vielen anderen Ländern sinken.

SPD und Grüne kritisieren Unionspläne scharf

Vonseiten der Opposition hagelt es schon vor der Entscheidung der Regierung Kritik: "Auf eines ist bei Schwarz-Gelb immerhin Verlass: Forderungen der Industrielobby werden stets konsequent umgesetzt", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth in Berlin. "Mit dem Plan, die in Deutschland ausgehandelten Preisrabatte geheim zu halten, ermöglicht die Union der Pharmalobby hohe Preisabschlüsse im Ausland, aber auch in Deutschland." Roth sprach von "schwarz-gelber Klientelpolitik zulasten von Verbrauchern par excellence".

Auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles attackierte die Union.
Diese betreibe ein Jahr vor der Bundestagswahl "offenen Pharma-Lobbyismus gegen die Interessen der Bürger". Transparenz über Preisverhandlungen und Nachlässe müssten aber gerade in einem öffentlichen Gesundheitssystem gewährleistet sein. "Wir werden das im Bundesrat zum Thema machen", kündigte Nahles an.

Steigende Arzneimittelkosten

Die Kritiker befürchten allesamt, dass durch geheime Absprachen und aufgrund mangelnder Transparenz die Preise für Arzneimittel automatisch ansteigen. Dabei will die Regierung nach eigenem Bekunden genau das verhindern. "Erstmals geben wir wieder mehr Geld aus für die ambulante Versorgung von Patienten als für Arzneimittel", bekräftigte der Sprecher des Gesundheitsministeriums.
"Wir haben keinen Anlass, diesen Erfolg infrage zu stellen."

Nach einem Rückgang der Arzneimittelkosten im vergangenen Jahr droht nunmehr für 2012 ein kräftiger Anstieg. "Wenn das so weitergeht, landen wir bis zum Jahresende allein für Medikamente bei Mehrausgaben von über einer Milliarde Euro", sagte ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands dem "Tagesspiegel".

Angesichts dieser Entwicklung stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die gegenwärtigen Überschüsse der gesetzlichen Krankenkassen in Milliardenhöhe nicht schon bald aufgebraucht sind. Im vergangenen Jahr nahmen die Versicherer 183,6 Milliarden Euro ein und gaben 179,6 Milliarden Euro aus. Der frühere Gesundheitsminister und heutige Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) führte den Überschuss seinerzeit auch auf das Arzneimittelsparpaket zurück. Die Koalition diskutiert seitdem über die mögliche Rückzahlung von Beiträgen und die Abschaffung der Praxisgebühr.

(APD)
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