Kritik an Reformplänen für Bundeswehr Guttenberg macht sich nicht nur Freunde

Berlin (RPO). Mit seinen Plänen zur Reform der Bundeswehr hat sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nicht nur Freunde gemacht. So kam Kritik von der Opposition, aber auch vom Bundeswehrverband. Der Vorsitzende Ulrich Kirsch hält die geforderten Einsparungen für zu ehrgeizig. Und die SPD kritisiert, dass 7500 Freiwillige zu wenig seien.

Mit der Bundeswehr in Afghanistan unterwegs
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Zwar übernehme Guttenberg "die Idee der SPD, einen freiwilligen Grundwehrdienst einzuführen", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, der "Passauer Neuen Presse". Aber "7500 Freiwillige im Jahr sind bei weitem nicht genug, um ausreichend qualifizierten Nachwuchs für die Bundeswehr gewinnen zu können".

Nach Einschätzung der SPD seien 20. 000 und 30.000 Freiwillige erforderlich, damit Aufwand und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Auch die SPD sei für eine Aussetzung der Wehrpflicht, sagte Arnold. Die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten müsse bei 175.000 liegen.

Parteichef Sigmar Gabriel sagte, seine Partei wolle, dass junge Menschen freiwillig zur Bundeswehr gehen und dort einen Wehrdienst auch von zwölf Monaten ableisten könnten. Die gegenwärtige Variante mit einem Grundwehrdienst von nur noch sechs Monaten berge die Gefahr, dass die Bundeswehr zu einer "Praktikantenarmee" verkomme.

Kirsch: Permanent unterfinanziert

Oberst Ulrich Kirsch erklärte, die von Finanzminister Wolfgang Schäuble geforderten Einsparungen in Höhe von 8,3 Milliarden Euro bis 2014 seien "aus dem System nicht herauszuholen". Die Bundeswehr sei ohnehin permanent unterfinanziert, sagte Kirsch im Deutschlandradio Kultur. "Das ist wie mit einem trockenen Schwamm, wenn Sie da draufdrücken, kommt halt nichts mehr raus." Insofern werde der Finanzminister mit einer geringeren Einsparung leben müssen, zeigte sich Kirsch überzeugt.

Zu den Plänen von Guttenberg zur Verkleinerung der Bundeswehr und der Aussetzung der Wehrpflicht sagte Kirsch, dies sei eine "Reparatur, die glücken kann". Er fügte hinzu: "Aber das hätten wir ja schon etwas früher haben können." Stattdessen sei erst der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Wehrdienst über sechs Monate, der sogenannte "W6", umgesetzt worden. "Nachdem nun alle festgestellt haben, dass es nichts bringt, gehen wir diesen Schritt."

Die geplante Reform schreckt auch die Bundesländer auf: Im CDU-Präsidium gab es Kritik an den Plänen, wie die Nachrichtenagentur Reuters von Teilnehmern erfuhr. Es sei unglücklich, eine Entscheidung über die künftige Struktur der Bundeswehr im Herbst treffen zu wollen, aber erst im Sommer 2011 festzulegen, welche Standorte geschlossen werden sollen, habe der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Peter Harry Carstensen bemängelt. Auch Niedersachsens Regierungschef David McAllister habe in der Sitzung gefordert zu prüfen, ob nicht schneller Klarheit über die Standorte geschaffen werden könne.

Hintergrund ist die Sorge vieler Landespolitiker, dass monatelange Unklarheit über die drohende Schließung von Bundeswehr-Standorten die Bevölkerung in Aufregung versetzen könnte. Unionspolitiker verwiesen in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Wahlen auf Landes- und Kommunalebene im kommenden Jahr.

Zuspruch von Seiten der CSU

In der Debatte um die künftige Struktur der Bundeswehr hat CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich seinem Parteikollegen Guttenberg den Rücken gestärkt. Die Wehrpflicht in ihrer jetzigen Form werde nicht mehr durchzuhalten sein, sagte Friedrich am Dienstag im rbb-Inforadio. Es sei schon "eine Frage der Wehrgerechtigkeit, wenn nur noch eine verschwindende Minderheit eines Jahrganges überhaupt gezogen wird".

Friedrich sagte weiter, es sei Guttenbergs Anliegen, die Bundeswehr effizienter zu machen. Dazu gehöre, dass man neben dem Angebot für Zeit- und Berufssoldaten auch die Möglichkeit eines Freiwilligendienstes schaffe. Dieser könne die bisherige Wehrpflicht in ihrer jetzigen Form vorübergehend ersetzen. Friedrich sprach sich ebenso wie Guttenberg dafür aus, die Wehrpflicht im Grundgesetz beizubehalten. Zugleich wies er Befürchtungen aus der Union zurück, die Reform werde sich auf einige Bundeswehrstandorte wirtschaftlich negativ auswirken. "Ich glaube, es ist kein Grund zur Panik", sagte er dem Sender.

Truppe soll auf 163.000 Mann schrumpfen

Nach wochenlangen Spekulationen hatte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bei der geplanten Bundeswehrreform Farbe bekannt: Bei der Kanzlerin und den Fraktionen warb er am Montag für Reformmodell 4. Die Truppenstärke soll auf 163.000 Mann schrumpfen, die Wehrpflicht ausgesetzt werden. Im gleichen Atemzug machte sich der Minister über Kritiker lustig.

Die Bundeswehr solle kleiner, aber besser werden, sagte Guttenberg nach einer Unterrichtung der Fachpolitiker von Union und FDP. Schließlich bezog er Position: Die Empfehlung seines Hauses sei "tatsächlich das sogenannte Modell 4", sagte er. Fünf Konzepte hat der Minister insgesamt vorgelegt. Fest steht mehr oder minder sicher: Die Bundeswehr marschiert in Richtung Freiwilligenarmee. Vorgesehen sind nach Guttenbergs Plänen 156.000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie 7500 Freiwillige.

Guttenberg will mit seinen Reformplänen erreichen, dass künftig junge Leute nicht mehr gegen ihren Willen eingezogen werden. Die Freiwilligen sollen zwischen zwölf und 23 Monaten dienen können. Ähnlich soll der dem Wehrdienst folgende Zivildienst umgebaut werden. Beim freiwilligen Zivildienst soll die Untergrenze bei sechs Monaten liegen, die Regelzeit ein Jahr betragen.

"Mir ist es außerordentlich wichtig, dass wir die Wehrpflicht im Grundgesetz behalten", sagte Guttenberg und betonte: "Ich wundere mich immer wieder über den einen oder anderen Schlaumeier, der weiß, wie in 20 oder 30 Jahren die Welt aussieht. Ich weiß es nämlich nicht und glaube daher, dass wir die Möglichkeit brauchen, künftig auch junge Menschen zu ziehen, wenn es denn notwendig sein sollte." Das neue Freiwilligenmodell solle dem Prinzip gerecht werden: "Tu was für Dein Land!"

Erst im Herbst Entscheidung

Entschieden ist bislang nichts. Nach Angaben der Bundesregierung wird die Bundeswehrreform ein "längerer Prozess" sein und erst im Herbst entschieden. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kündigte an, die Präsidien von CDU und CSU würden am 26./27. September auf einer gemeinsamen Sitzung eine Entscheidung zu Guttenbergs Plänen herbeiführen.

In der Bundespolitik hat die Debatte um das richtige Modell bereits begonnen. Kritiker und Zuspruch finden sich in allen Facetten. Auch die von Guttenberg so betitelten "Schlaumeier", die die Wehrpflicht am liebsten komplett abschaffen würden, zählen dazu.

Dabei stoßen Guttenbergs Vorstellungen vor allem bei der CDU, aber auch in den eigenen Reihen auf Widerspruch. Die Union bevorzugte Modell 5 mit insgesamt 210.000 Soldaten, davon 30.000 Wehrpflichtige. Auch das ist ein Grund für die Kanzlerin, sich in der Debatte mit vorschnellen Erklärungen lieber zurückzuhalten. Zunächst sollen sich die Kräfteverhältnisse klären.

(DDP/AP/AFP/RTR/das)
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