Von der Leyen versus Schröder Der Kampf der Ministerinnen

Berlin (RP). Arbeitsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Kristina Schröder geraten öffentlich aneinander. Von der Leyens Idee von der Chipkarte für Hartz-IV-Familien empfindet Schröder als problematisch, was umgehend die Kollegin alarmiert. Das ist nicht der erste Streit der beiden Damen.

Von der Leyens Chipkarten-Projekt
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Foto: ddp

Wenn scharfe Reaktionen auf Interviews bereits erfolgen, bevor die Sätze der Verärgerung überhaupt gedruckt sind, dann deutet das auf gehörigen Druck im Kessel hin. Auf argwöhnisches Beobachten sowieso. Unter Männern würde man dahinter eine Neigung zum Raufen vermuten, bei Frauen liegt das Wort vom "Stutenbeißen" nahe. Eine Kostprobe ihrer "besonderen" Beziehung liefern in diesen Tagen einmal mehr die beiden Bundesministerinnen Kristina Schröder und Ursula von der Leyen. Sie gehören beide der CDU an. Aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf.

Ursula von der Leyen ist 51, seit fast einem Vierteljahrhundert verheiratet, Mutter von sieben Kindern und rammte als Familienministerin wichtige politische Pflöcke in die Bundespolitik und die eigene Partei. Kristina Schröder ist seit drei Wochen 33, seit einem halben Jahr verheiratet, kinderlos und als Familienministerin auf der Suche nach Fachthemen, die ihre Vorgängerinübrig ließ. Viel ist das nicht.

Zudem mischt sie auch als Arbeitsministerin die Familienpolitik weiter mit auf. Wie Hartz-IV-Familien künftig leben — da sollte Schröder ein gewichtiges Wort mitreden. Aber es denkt, prüft und spricht vor allem von der Leyen. Wie eine Chipkarte für Bildungsleistungen das Leben von Kindern aus Hartz-IV-Familien verbessert — das hätte auch ein Vorschlag von Schröder sein können. Doch die Idee entwickelte und verbreitete von der Leyen. Der Frust darüber, dass ihre Vorgängerin ihr ständig das Wasser abgräbt, steckt offenbar tief. Jedenfalls nutzte Schröder die Phase, in der von der Leyen mit ihrem Chipkarten-Projekt Gegenwind bekommt, um ebenfalls kräftig draufzuschlagen.

Es gebe bei der Chipkarte "Probleme", gab Schröder im "Bild-am-Sonntag"-Interview zu Protokoll, "beispielsweise beim Datenschutz". Und dann wies sie auf die Möglichkeit hin, dass "künftig Bewegungsprofile von Kindern und Jugendlichen erstellt" werden könnten oder "staatliche Stellen präzise Informationen über deren Freizeitverhalten sammeln". Das ist starker Tobak angesichts der aktuellen Datenschutzdebatte. Vermutlich hätte sich Schröder ihre Bedenken mit einem einzigen Telefonat mit von der Leyen zerstreuen lassen können. Die beiden telefonierten aber erst, nachdem von der Leyen ihrerseits eine Richtigstellung noch in das Schröder-Interview hineingedrückt hatte — und damit den Streit erst richtig hochkochen ließ.

Statt Problemen sieht von der Leyen "noch viele Missverständnisse" und betonte zu Schröders zentralem Vorwurf belehrend: "Ein Mitgliedsausweis erstellt noch lange kein Bewegungsprofil."

Während von der Leyen bereits in Niedersachsen Erfahrungen als Familienministerin sammeln konnte und ab 2005 tatkräftig daran ging, die familienpolitischen Konturen der CDU zu modernisieren, rückte die junge CDU-Abgeordnete Schröder (damals noch Köhler) unversehens ins Kabinett, nachdem sie sich gerade noch als Obfrau im Kundus-Untersuchungsausschuss bewährt hatte. Das Familienressort fiel ihr zu, weil Merkel nach dem Rücktritt von Arbeitsminister Franz Josef Jung wieder einen Hessen oder eine Hessin im Kabinett brauchte und von der Leyen längst klar gemacht hatte, ein größeres Rad in der Regierung drehen zu wollen und dann vergangenen November prompt Arbeitsministerin wurde. Schröder wählte für die ersten Monate im neuen Amt die vorsichtige und öffentlich unauffällige Gangart derart nachdrücklich, dass Berliner Korrespondenten die Regierung bereits ironisch fragten, ob es noch ein Familienministerium gebe.

Im Februar rüffelte Schröder ihre Vorgängerin, beim umstrittenen Internetsperregesetz zu wenig mit ihren Kritikern geredet zu haben, im März kündigte sie eine weitreichende Überprüfung aller familienpolitischen Leistungen an, weil das "noch nie" systematisch gemacht worden sei — bis klar wurde, dass sie auch hier nur in den Spuren von der Leyens unterwegs war.

Beim Elterngeld will sie nun jedoch punkten. "Aufstocker", die vor der Geburt ihres Kindes gearbeitet haben, sollen nach ihrer Überzeugung auch als Hartz-IV-Empfänger Elterngeld bekommen. "Das werde ich mit den Koalitionsfraktionen im Parlament durchsetzen", kündigt Schröder an. Der Adressat der Drohung liegt auf der Hand: Ursula von der Leyen.

(RP)
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