Profilierung, Polarisierung und Mobilisierung Die SPD kopiert Obamas Wahlkampfstil

Berlin · Bei allem Gezerre um die Frage, wer bei der SPD im Wahlkampf den Hut aufhat, sind sich die Strategen in Berlin in einem Punkt einig: Der erfolgreiche US-Wahlkampf von Barack Obama ist Vorbild. In einem neuen "Wahlkampfhandbuch" gibt es klare Vorgaben.

 Spitzenkandiddat Steinbrück, Parteichef Gabiel, Generalsekretärin Nahles.

Spitzenkandiddat Steinbrück, Parteichef Gabiel, Generalsekretärin Nahles.

Foto: dapd, Adam Berry

Das gilt auch für die "Munitionierung" der SPD-Wahlkämpfer vor Ort mit Materialien und Kampagnentipps. Erstmals hat die Parteizentrale ein "Wahlkampfhandbuch" auflegen lassen, das als Ratgeber für die Mitglieder vor Ort dienen soll. "Wir wollen alle unsere Mitglieder für diesen Wahlkampf gewinnen. Sie sind unsere besten Botschafter", heißt es in dem Handbuch, das unserer Redaktion vorliegt.

Profilierung, Polarisierung und Mobilisierung seien der Schlüssel zum Erfolg. Dafür greifen die Genossen auch zu ungewöhnlichen Maßnahmen. So soll jeder Wahlkreis der SPD ein eigenes Wahlkreisteam bilden und von geschulten "Campaignern" begleitet werden. Auch müssten die Teams eine Person für die "Konkurrenzbeobachtung" abstellen. Dabei könne es "sinnvoll sein, eine Veranstaltung per Video zu dokumentieren". Dabei sollen Angriffslinien, Schwächen und "Unglaubwürdigkeiten" der Konkurrenz sichtbar gemacht werden.

Nicht alles gelingt: Mit einem Internet-Blog, den Sponsoren auch nach US-Vorbild für ihn organisierten, geriet Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in die negativen Schlagzeilen. Er wusste nicht, wer den "Peerblog" finanziert hat. Von seinem Online-Berater musste sich der Kanzlerkandidat bereits im November trennen, bevor dieser richtig zu arbeiten begonnen hatte.

Die vielen Pannen des Kanzlerkandidaten wurden seinem Team zugeschrieben. Nun hat die Parteispitze um Chef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles die Wahlkampfleitung an sich gezogen. Ihre Ideen wurden in der Öffentlichkeit bislang positiver aufgenommen — wie beispielsweise am vergangenen Wochenende, als Parteimitglieder und andere Bürger eingeladen waren, am Wahlprogramm mitzuarbeiten. Der Entwurf, der Montag von der Parteispitze beschlossen werden soll und unserer Zeitung vorliegt, enthält etliche Schlagwörter, die sich in einem Wahlkampf leicht vermitteln lassen.

So wollen die Sozialdemokraten mit einem "nationalen Verkehrswegeprogramm" die Staus verringern. Die Bahn soll mit einem "Deutschland-Takt" zu mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit bewegt werden. Vor Bahnlärm sollen die Bürger wiederum mit Investitionen von 200 Millionen Euro jährlich geschützt werden. Im Bereich Soziales will die SPD die Arbeitslosenversicherung in eine "Arbeitsversicherung" verwandeln, die nicht nur im Fall von Arbeitslosigkeit einspringt, sondern Beschäftigten auch Weiterqualifizierung bietet. Den klammen Kommunen soll mit einem "Investitionspakt" geholfen werden.

Ab April soll außerdem unter www.kampanetz.de eine zentrale Kampagnenplattform im Internet eingerichtet werden, auf der die Wahlkämpfer Tipps und Ideen austauschen können. Bis kurz vor dem Wahltermin soll es "Tür-zu-Tür-Aktionen" mit persönlichen Gesprächen geben. Die Straßenbezirke sollen nach soziologischen Kriterien ausgesucht werden, um Wähler gezielt zu mobilisieren.

Auch das gilt als eines der erfolgversprechenden Prinzipien der Obama-Kampagne im US-Präsidentschaftswahlkampf 2008. Im Straßenwahlkampf rät die Bundespartei, sich "nicht in ein Dauerstreitgespräch verwickeln zu lassen". Gezielt sollen Redakteure der Lokalzeitungen angesprochen werden, um die Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern.

(brö / qua)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort