Feinstaubbelastung durch Böller Umweltschützer und Politiker warnen vor Silvesterknallerei

Berlin · Umweltschützer warnen vor der enormen, gesundheitsgefährdenden Feinstaubbelastung durch die Feuerwerke. Sie fordern Bürger und Kommunen auf, die Böllerei einzuschränken.

 Auch in diesem Jahr werden wieder enorme Umsätze mit Silvesterfeuerwerk erwartet.

Auch in diesem Jahr werden wieder enorme Umsätze mit Silvesterfeuerwerk erwartet.

Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Angesichts der enormen Feinstaubbelastung der Atemluft durch die Silvesterknallerei haben Umweltschützer und -Politiker die Bürger zur Zurückhaltung beim Feuerwerk am kommenden Montag aufgefordert. „In der Silvesternacht steigt die Luftbelastung mit Feinstaub explosionsartig an. In vielen Orten ist die Feinstaub-Konzentration am 1. Januar so hoch wie sonst im ganzen Jahr nicht“, warnte die Chefin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger. „Wenn Sie an Silvester weniger Feuerwerk benutzen – oder ganz darauf verzichten – können Sie dazu beitragen, die Feinstaubbelastung zu verringern. Das hilft der Gesundheit und verursacht weniger Müll auf den Straßen und in der Umwelt“, sagte Krautzberger. „Rund 4.500 Tonnen Feinstaub werden in der Silvesternacht in ganz Deutschland in die Luft gepustet. Das entspricht etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenverkehr abgegebenen Feinstaubmenge“, sagte sie.

Durch die Knallerei gelangen feinste Staubpartikel in die Luft, die nicht sofort zu Boden sinken, sondern stundenlang in der Atmosphäre bleiben können. Die Menge des Feinstaubs am 1. Januar entspricht nach Berechnungen des Umweltbundesamtes 2,25 Prozent aller in einem Jahr ausgestoßenen Feinstaub-Emissionen in Deutschland – etwa durch den Straßenverkehr, die Industrieprozesse, Tierhaltung oder Öfen und Heizungen in Wohnhäusern. Das Einatmen des nicht sichtbaren Feinstaubs kann zu Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Problemen führen.

„Für immer mehr Menschen spielt die Frage von Gesundheit, Umwelt- und Lärmschutz in dichten bewohnten Innenstädten eine wichtige Rolle – auch zu Silvester“, sagte die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Julia Verlinden. „Eine Entscheidung, ob und wie Feuerwerke öffentlich und umweltschonend ausgerichtet werden können, an welchen ausgewiesenen Böllerplätzen Raketen gestartet werden oder ob jeder dies weiter individuell tut, soll vor Ort in den Kommunen entschieden werden.“

Wie stark die Belastung letztlich ausfallen wird, hängt vom Wind in der Silvesternacht ab. Bei der Jahreswende 2016/17 wurde an 129 Messstellen der zulässige Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm teils weit übertroffen. Auch in der ersten Stunde dieses Jahres wurden in Fürth 1330 Mikrogramm gemessen. Erlaubt ist ein Überschreiten der Werte an bis zu 35 Tagen. Der erste könnte bereits zum Start ins neue Jahr in vielen Städten „verbraucht“ sein.

Ein Rückgang der Silvesterknallerei zum Jahreswechsel 2018/19 ist allerdings nicht zu erwarten: Lange Schlangen bildeten sich am Freitag zum Verkaufsstart des Silvesterfeuerwerks. „Wir hoffen, dass der Vorjahresumsatz von 137 Millionen Euro auch in diesem Jahr erreicht werden wird“, teilte der Verband der pyrotechnischen Industrie mit. Der Verkauf von Feuerwerk der Kategorie F2 – dazu zählen Raketen, Batterien und Knallkörper – ist dieses Jahr bereits seit 28. Dezember erlaubt, da einer der gesetzlich vorgesehen Verkaufstage auf einen Sonntag fällt.

Auch Politiker von Union und FDP räumten die enorme Feinstaubbelastung durch die Feuerwerke ein. „Sicher wäre es für die Feinstaubbelastung besser, wenn weniger Feuerwerk stattfinden würde und auch der Müll, der entsteht, ist ein Problem“, sagte CDU-Umweltsprecherin Marie-Luise Dött. „Aber gerade bei Feinstaub handelt es sich um eine temporäre Belastung, die nach Aussage des Umweltbundesamtes lediglich zwei Prozent der von Menschen ausgehenden jährlichen PM10-Feinstaubemissionen ausmacht.“ Die Böllerei sei ein „Brauchtum“, mit dem die Menschen freudig das neue Jahr begrüßten. „Deshalb bin ich gegen ein generelles Verbot.“ Es sei aber richtig, dass die Kommunen Feuerwerke einschränken oder verbieten könnten.

Auch die FDP räumt ein, dass an Silvester mancherorts „eine erhebliche Überschreitung des Feinstaub-Grenzwertes“ stattfinde, doch weist Fraktionsvize Frank Sitta zugleich darauf hin, dass die gesamten Feinstaubemissionen in den letzten zwei Jahrzehnten um rund 38 Prozent gesunken seien. Die gesetzlichen Vorgaben würden insgesamt eingehalten. Deshalb wendet er sich nachdrücklich gegen einen „aktuell bei der Umwelthilfe und den Grünen zu bestaunenden Verbotsrausch, der nun neben der Mobilität auch das traditionelle Silvesterfeuerwerk ergreifen soll“. Es gebe bereits ein sehr umfangreiches Regelwerk zum Schutz der Bevölkerung. Deshalb sollte „jeder Mensch frei aber auch verantwortungsvoll entscheiden können, wie er den Jahreswechsel begeht“, so der FDP-Politiker.

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