Volker Bouffier im Interview "Der Mindestlohn ist ein Symbolthema"

Frankfurt · Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) spricht im Interview mit unserer Redaktion über Mindestlohn in Deutschland, den Wirtschaftsflügel seiner Partei, die Rolle der Kanzlerin und die Zukunft für Schwarz-Gelb.

Die CDU hat eine flächendeckende Lohnuntergrenze beschlossen. Wollen Sie die neue SPD werden?

Bouffier Unsinn. Unsere Vorstellungen sind von denen der SPD weit entfernt. Wir fordern eine Lohnuntergrenze nur für die Bereiche, in denen keine Tarifverträge gelten. Dafür sollen aber alleine die Tarifpartner in einer Kommission zuständig sein, nicht die Politik. Die Löhne sollen sich außerdem regional und branchenspezifisch differenzieren können. Das ist ein fundamentaler Unterschied zu einem generellen, politisch diktierten Mindestlohn, wie ihn SPD und Grüne wollen. Der Mindestlohn ist doch ein Symbolthema.

Also ist der Wirtschaftsflügel rundum zufrieden?

Bouffier Ich bin mit dem Ergebnis jedenfalls zufrieden. Mir war wichtig, dass die Politik bei der Lohnfindung nicht ihre Finger im Spiel hat und dass die Bindung der Lohnuntergrenze an die Zeitarbeitsbranche vom Tisch ist. Das ist gelungen. Die Lohnuntergrenze wird differenziert, regionale Bedingungen werden ebenso beachtet wie Ausbildung und Alter. Sie dient als Orientierung, nicht als Richtschnur. Zu ökonomischen Verwerfungen wird eine solche Regelung nicht führen.

Mit dem Beschluss öffnet sich die Partei doch für SPD und Grüne.

Bouffier Wenn ich höre, was der SPD-Chef Sigmar Gabriel zu unseren Beschlüssen sagt, kann ich das nicht erkennen.

Ein Bekenntnis zu Schwarz-Gelb ist in Leipzig nicht zu hören.

Bouffier Ich sage ganz klar: Wenn wir in der Koalition im Bund einigungs- und handlungsfähig sind, wie wir es vergangene Woche demonstriert haben, ist diese Koalition zukunftstauglich über 2013 hinaus. Wir schauen aber auf uns. Die CDU ist eine Volkspartei und die einzige, die es noch gibt. Wir sind für Unternehmer und Selbstständige, für die Verkäuferin, den Landwirt, den Lehrer und den Arbeitnehmer zuständig. Ein politischer Kompromiss kann nicht alle Gruppen gleichmäßig zufriedenstellen. Unsere Aufgabe ist es, veränderten gesellschaftlichen Realitäten Rechnung zu tragen, ohne unsere Prinzipien zu verraten. Das schaffen wir bisher gut, wir müssen es aber manchmal noch besser erklären.

Folgt die CDU der Kanzlerin bedingungslos?

Bouffier Wir diskutieren gemeinsam und entscheiden gemeinsam. Aber klar: Angela Merkel ist sehr stark. Das muss sie auch sein, denn die Herausforderungen vor allem in der europäischen Schuldenkrise sind groß. Das richtige Krisenmanagement und der Bau eines stabilen und wettbewerbsfähigen Europa wird der Maßstab dieser Regierungskoalition bei künftigen Wahlen sein, nicht der Beschluss zu einer Lohnuntergrenze.

(RP/csr)
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