Koalitionsgipfel am Sonntag SPD droht mit Klage gegen Steuersenkungen

Berlin (RPO). Beim Koalitionsgipfel am Sonntagnachmittag wollen Union und FDP über Steuersenkungen entscheiden. Zur Debatte stehen derzeit drei Wege: Eine Senkung des Einkommensteuertarifs ab 2013, Entlastungen beim Solidaritätszuschlag oder eine Senkung der Stromsteuer. Sollte sich die Koalition auf Steuererleichterungen einigen, droht die SPD mit einer Verfassungsklage.

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Die Koalition hat sich selbst in die Pflicht genommen, ab 2013 untere und mittlere Einkommen spürbar zu entlasten. Doch wie dies geschehen soll, ist noch offen. Drei Wege stehen zur Debatte.

Sowohl der Finanz- als auch der Wirtschaftsminister wollen den Steuertarif ändern, um die so genannten kalte Progression zu reduzieren. So würden Lohnerhöhungen nicht mehr durch einen schnell steigenden Tarif aufgezehrt werden. CSU und FDP hingegen denken an eine Verringerung des Solidaritätszuschlags, der derzeit bei 5,5 Prozent liegt. In der Unionsfraktion wurde stattdessen die Stromsteuer als Sparobjekt ins Gespräch gebracht.

Gabriel droht mit Klage

Sollten Union und FDP sich auf Steuersenkungen verständigen, droht die SPD mit heftigem Widerstand. Parteichef Sigmar Gabriel will Steuersenkungen notfalls gerichtlich verhindern. In der "Bild am Sonntag" sagte Gabriel, Die Schuldenbremse im Grundgesetz sehe vor, "dass alle konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen zur Reduzierung des Staatsdefizits verwendet werden müssen". Sollten Union und FDP wirklich gegen diese Vorschrift im Grundgesetz verstoßen, werde die SPD eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht prüfen, kündigte Gabriel an.

Der SPD-Chef wies darauf hin, dass Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für dieses Jahr "27 Milliarden neue Schulden" plane und die Euro-Krise gigantische Risiken für den Bundeshaushalt berge. "Deshalb wären Steuersenkungen auf Pump verantwortungslos", so Gabriel.

Länder gegen Änderung des Steuertarifs

Doch in der Koalition zeichnet sich am Wochenende zunächst keine gemeinsame Linie ab. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist nur bereit, begrenzten Entlastungen beim Einkommensteuertarif zuzustimmen. Das Modell hat aber keine Chance auf Zustimmung im Bundesrat. Und die Verringerung des Solidaritätszuschlages trifft bei der Ost-CDU, in Landesregierungen und Fraktion auf Widerstand.

Mehrere Unionspolitiker, darunter Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), warnten davor, dem Drängen vor allem der FDP auf Steuersenkungen zuzustimmen. Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat die Bundesregierung aufgefordert, von ihren Plänen für eine Steuersenkung Abstand zu nehmen. Natürlich sei eine Abschaffung der kalten Progression wünschenswert, sagte der stellvertretende CDU-Vorsitzende dem "Spiegel". "Wenn es allerdings für Änderungen im Bundesrat keine Mehrheit gibt und eine Senkung des Solidaritätszuschlags möglicherweise kaum Entlastung bringt, dann müssen wir das Projekt Steuersenkung erst einmal auf Eis legen", begründete Bouffier seine Haltung. Steuersenkungen zulasten der Länder erteilte er eine Absage.

CSU-Wirtschaftsexperte Ernst Hinsken fordert, zunächst "alle Anstrengungen unternehmen, damit der Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung auskommt". Steuersenkungen seien für den Bundeshaushalt "zur Zeit nicht der richtige Weg", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

"Wir haben keine Spielräume für Steuersenkungen", sagte auch der am Freitag gewählte Spitzenkandidat der CDU in Schleswig-Holstein, Jost de Jager, dem NDR. Jetzt sei "nicht die Zeit, die Steuern zu senken", sagte Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef Lorenz Caffier ebenfalls dem NDR.

"Ich bin skeptisch, dass Veränderungen bei der Einkommensteuer durchsetzbar sind", sagte dazu der designierte bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) der "Welt am Sonntag". Deswegen spreche "viel für die Soli-Idee".

FDP drängt auf Entlastungen

Die FDP verstärkte unterdessen ihr Drängen auf steuerliche Entlastungen. "Es widerspricht der Steuergerechtigkeit, wenn ein Facharbeiter ein Prozent Gehaltserhöhung bekommt, dann aber zwei Prozent mehr Steuer zahlen muss", verwies FDP-Generalsekretär Christian Lindner in der "Bild am Sonntag" auf die Wirkung der sogenannten "kalten Progression". Er trat allerdings Berichten entgegen, die FDP wolle Entlastungen nun bereits für 2012 durchsetzen. Für Steuererleichterungen plädierte erneut auch der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke. Der Weg dahin sei ihm "am Ende schnurzpiepegal", sagte Fricke der "Passauer Neuen Presse".

Neben Steuererleichterungen werden bei der Koalitionsrunde am Sonntagnachmittag im Kanzleramt unter Leitung von Kanzlerin Angela Merkel werden auch weitere Themen beraten. Darunter sind die geplante Pflegereform, der Fachkräfte-Zuzug sowie voraussichtlich die Vorratsdatenspeicherung. Auch das Betreuungsgeld für die häusliche Betreuung von Kleinkindern sowie die von der CSU vorgeschlagene Pkw-Maut dürften zur Sprache kommen.

(rtr/afp/dapd/rp)
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