"Rachel Corrie" auf dem Weg nach Gaza Israelische Soldaten stürmen irisches Schiff

Gaza (RPO). Die israelischen Streitkräfte haben erneut eine Durchbrechung der Blockade des Gazastreifens mit einem Militäreinsatz verhindert. Marinesoldaten enterten am Samstag das mit Hilfsgütern beladene Schiff "Rachel Corrie". Die Soldaten seien von Booten aus ohne Waffengewalt an Bord gegangen. In der Türkei kam es zu massiven Protesten.

Gaza 2010: Israelische Marine greift Hilfskonvoi an
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Foto: AFP

Die unter kambodschanischer Flagge fahrende "Rachel Corrie" hatte nach Angaben der Organisation Free Gaza Rollstühle und Baumaterialien wie Zement geladen. An Bord waren neun Besatzungsmitglieder und elf Passagiere, darunter die nordirische Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan und der frühere Leiter des UN-Programms Öl für Lebensmittel für den Irak, Denis Halliday.

Die israelischen Kriegsschiffe verfolgten das Schiff mehrere Stunden und forderten es per Funk vier Mal auf, den südisraelischen Hafen Aschdod anzulaufen. Die Satellitentelefon-Verbindungen zur "Rachel Corrie" wurden unterbunden. Schließlich enterten israelische Soldaten von Booten aus das Schiff. Sie seien auf keinen Widerstand gestoßen, sagte Militärsprecherin Avital Leibowitsch.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, seine Regierung werde weiter dafür sorgen, dass keine Waffen den von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gazastreifen erreichten. US-Sicherheitsberater Mike Hammer bezeichnete die israelischen Restriktionen als unhaltbar.

Das Vorgehen am Samstag war deutlich vorsichtiger als am Montag, als sich Soldaten von Hubschraubern auf ein Schiff der Hilfsflotte abseilten und bei anschließenden Zusammenstößen neun Aktivisten getötet wurden. Türkischen Autopsieberichten zufolge wurden die neun Personen - acht Türken und ein in den USA geborener Türke - mit rund 30 Schüssen getötet.

Free-Gaza-Sprecherin Greta Berlin kündigte nach der Beschlagnahme der "Rachel Corrie" die Entsendung weiterer Schiffe nach Gaza an. Vier Kapitäne hätten sich bei der Organisation bereits als Freiwillige für die nächste Mission angeboten, sagte Berlin telefonisch von ihrem Büro auf Zypern.

USA wollen Einfuhrbeschränkungen für Waren lockern

Netanjahu sagte am Samstag, er werde "die Errichtung eines iranischen Hafens im Gazastreifen" nicht erlauben. Israel wirft dem Iran vor, die Hamas im Gazastreifen mit Waffen und Geld zu beliefern. Außenamtssprecher Jigal Palmor erklärte, die Blockade werde solange gelten, wie die Hamas Israel nicht anerkenne und keinen Gewaltverzicht erkläre.

Die Schiffe für den Gazastreifen am Montag und Samstag hatten Zement geladen, dessen Einfuhr in den Gazastreifen von Israel nicht erlaubt wird. Israel begründet das damit, dass Zement und andere Baumaterialien auch für militärische Zwecke genutzt werden könnten.

Daran übte der US-Sicherheitsberater Hammer harte Kritik: "Die derzeitigen Regelungen sind unhaltbar und müssen geändert werden", sagte er. Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hat erklärt, sie wolle mit Israel und der palästinensischen Autonomiebehörde neue Verfahren und Einfuhrbestimmungen ausarbeiten. Ziel müsse die Lieferung von mehr Gütern für die 1,5 Millionen in Armut lebenden Palästinensern im Gazastreifen sein; zugleich müsse aber verhindert werden, dass Waffen in das Gebiet gelangten.

Aus Protest gegen die Blockade des Gazastreifens rief die schwedische Gewerkschaft der Dockarbeiter am Samstag ihre Mitglieder dazu auf, ab dem 15. Juni eine Woche lang keine israelischen Schiffe zu be- oder entladen.

Tausende Menschen protestierten am Abend in Istanbul gegen die Erstürmung des Schiffskonvois mit Hilfslieferungen für den Gazastreifen und die Tötung von neun türkischen Aktivisten vor einigen Tagen. Die Demonstranten skandierten "Israel sei verdammt", "Mörder Israel" und "Ein Auge für ein Auge, ein Zahn für ein Zahn. Rache!", als sie am Samstag durch die türkische Metropole am Bosporus zogen. Mehrere Demonstranten forderten einen Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen zu Israel.

(AFP/RTR/jre)
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