Japan Naoto Kan ist neuer Ministerpräsident

Tokio (RPO). In Japan ist der bisherige Finanzminister Naoto Kan am Freitag zum neuen Regierungschef gewählt worden. Der 63-Jährige steht vor der Aufgabe, das immense Haushaltsdefizit der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft in den Griff zu bekommen und das Wirtschaftswachstum in einer alternden Gesellschaft voranzubringen.

 Naoto Kan ist Japans neuer Ministerpräsident.

Naoto Kan ist Japans neuer Ministerpräsident.

Foto: AP, AP

Kans Vorgänger Yukio Hatoyama war am Mittwoch zurückgetreten, nachdem seine Umfragewerte wegen Zweifeln an seiner Führungsstärke in den Keller gerutscht waren. Kan soll seiner regierenden Demokratischen Partei bei der für kommenden Monat geplanten wichtigen Oberhauswahl zum Sieg verhelfen.

Kan ist der fünfte japanische Regierungschef in drei Jahren. Die Demokratische Partei wählte ihn zunächst zum Parteichef und später mit ihrer Mehrheit im Unterhaus zum Ministerpräsidenten. "Mit Euch allen werde ich als erstes einen entschlossenen politischen Kurs und Pläne zur Erneuerung Japans aufstellen", sagte Kan nach seiner Wahl und reckte entschlossen eine Faust in die Luft.

Bereits zuvor hatte er angekündigt, an der geplanten Steuerreform festzuhalten, neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Wirtschaft mit einer Wachstumsstrategie zu stärken. Er war auch an den Finanzmärkten favorisiert worden, die in seiner Ernennung eine Chance sehen, die Schuldenbekämpfung voranzubringen. Japan ist der am stärksten verschuldete Industriestaat: Das Haushaltdefizit liegt bei etwa 200 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Der plötzliche Rücktritt Hatoyamas hatte bei Investoren Besorgnis ausgelöst, dass die künftige Regierung den eingeschlagenen Kurs zum Schuldenabbau nicht fortsetzen würde. Die Demokraten waren vor acht Monaten auch mit den Zielen angetreten, die Binnennachfrage durch mehr Bargeld anzukurbeln und den Einfluss der Bürokraten auf die Politik zu begrenzen.

"Wenn Hatoyama geblieben wäre, wäre die politische Situation chaotisch geworden", sagte Hiroyuki Nakai von Tokai Tokyo Research. "Aber mit Kan schwindet die Wahrnehmung einer Stagnation von Politik und Wirtschaft ein wenig, auch wenn jetzt viel von dem neuen Kabinett abhängt."

Die Zeitung "Yomiuri" berichtete, als neuer Finanzminister werde der bisherige Finanzstaatssekretär Yoshihiko Noda gehandelt. Noda gilt als Garant für eine strenge Haushaltsdisziplin. Auf dem Schuldverschreibungsmarkt würde seine Nominierung begrüßt werden, weil er die Ausgabe neuer Staatsanleihen im kommenden Jahr begrenzen will.

Der neue Regierungschef Kan hatte in seiner Zeit als Finanzminister wiederholt die Zentralbank kritisiert und mehr Anstrengungen zur Bekämpfung der Deflation angemahnt. Als einer von wenigen Ministern sprach er sich für eine Erhöhung der Umsatzsteuer aus. Dieser Schritt wird von Volkswirten als unerlässlich für die Finanzierung des Sozialsystems in einer alternden Gesellschaft gesehen. Zudem hatte Kan erklärt, an Japans Ziel zur Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2020 um ein Viertel gegenüber dem Niveau von 1990 festzuhalten.

(apd/born)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort