Gaza-Konflikt Siebenstündige humanitäre Waffenruhe hat begonnen

Tel Aviv · Israel erklärt erneut eine einseitige Waffenruhe im Gazastreifen. Das Fenster von sieben Stunden soll Hilfe für die Not leidende Zivilbevölkerung ermöglichen.

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Foto: AFP/JACK GUEZ

In weiten Teilen des Gazastreifens hat am Montag eine sieben Stunden lange humanitäre Waffenruhe begonnen. Während der Feuerpause sollen dringend benötigte Hilfsgüter wie Medikamente, Wasser und Nahrungsmittel in das Katastrophengebiet gebracht werden. Darüber hinaus sollen Zivilisten in ihre Wohngebiete zurückkehren können, sofern ihre Häuser nicht zerstört oder schwer beschädigt worden sind.

Die Palästinenser werfen deweil Israel vor, dagegen verstoßen zu haben. Ein achtjähriges Mädchen sei beim Beschuss des Schati-Flüchtlingslagers getötet worden, teilte ein Sprecher des palästinensischen Gesundheitsministeriums mit. Auch das Lager Nuseirat sei beschossen worden. Eine israelische Militärsprecherin teilte mit, man prüfe die Berichte.

Die Waffenruhe war bis 17.00 Uhr (Ortszeit/16.00 Uhr MESZ) geplant. Ausgenommen war nach Medienberichten eine Region im Bereich Rafah im südlichen Gazastreifen, wo es noch Kämpfe gab. Der israelische Generalmajor Joav Mordechai warnte, jeder Verstoß gegen die Waffenruhe werde sofort Konsequenzen nach sich ziehen.

Zerstörung, Flucht und Proteste in Israel und im Gazastreifen
26 Bilder

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Eine Feuerpause am Freitag war nach kurzer Zeit wieder zusammengebrochen. Ein Sprecher der radikal-islamischen Hamas teilte mit, die neue Waffenruhe am Montag sei einseitig ausgerufen worden.
Israel wolle damit nur "von seinen Massakern ablenken". Sami Abu Suhri sagte: "Wir glauben nicht an diese Waffenruhe und rufen unser Volk zur Vorsicht auf."

Die israelische Luftwaffe griff bis kurz vor der Waffenruhe Ziele im südlichen Gazastreifen an, wie eine Militärsprecherin bestätigte. Dabei gab es nach palästinensischen Berichten mehrere Tote.

Bei einem Luftangriff in Dschabalija kam ein ranghoher Kommandeur der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad ums Leben. Eine israelische Armeesprecherin in Tel Aviv sagte am Montag, Danijal Mansur sei nach Geheimdienstinformationen für die Koordinierung von Raketenangriffen auf Israel zuständig gewesen. Allein am Sonntag haben militante Palästinenser 120 Raketen auf Israel abgefeuert.

Schwere Angriffe auf Gaza
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Beim Beschuss einer UN-Schule nahe Rafah wurden am Sonntag zehn Menschen getötet. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und die USA kritisierten den neuerlichen Beschuss einer UN-Einrichtung. Ban nannte ihn eine "moralische Schandtat" und "kriminellen Akt", US-Außenamtssprecherin Jen Psaki sagte, die USA seien erschüttert über den "schandhaften" Vorfall.

"Die israelische Armee ist mehrfach über den Standort der Schule informiert worden", sagte Ban in New York. "Dieser Angriff und andere Verstöße gegen das Völkerrecht müssen rasch aufgeklärt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden." Ban forderte Israel und die radikal-islamische Hamas auf, die Kämpfe umgehend zu beenden: "Dieser Wahnsinn muss aufhören."

Israels Militär räumte ein, ein Ziel nahe einer UN-Schule im Gazastreifen beschossen zu haben. Gegolten habe der Angriff drei Militanten auf einem Motorrad, teilten die Streitkräfte am Sonntagabend mit. Die "Konsequenzen" des Angriffs würden geprüft.

Im bisher verlustreichsten und am längsten andauernden Gaza-Krieg wurden nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums 1830 Palästinenser getötet und mehr als 9500 verletzt, rund zwei Drittel davon Zivilisten. Auf israelischer Seite starben 64 Soldaten und drei Zivilisten.

Die Vereinten Nationen warnen vor einer humanitären Katastrophe im Gazastreifen. Die Zerstörung des einzigen Elektrizitätswerks in der Küsten-Enklave und der Mangel an sauberem Wasser verschärften die Flüchtlingssituation dramatisch. Mehr als 254 000 der 1,8 Millionen Palästinenser hätten Zuflucht in einer der 90 UN-Unterkünfte gesucht.

Wie der Krieg abgeschlossen werden soll, ist weiter unklar. Israelische Politiker gaben nach Medienberichten zu erkennen, dass sie an keiner formellen Waffenstillstandsvereinbarung mit der im Gazastreifen herrschenden Hamas interessiert seien. Feindselige Akte der Militanten könnten auch künftig jederzeit mit Luftangriffen beantwortet werden, hieß es. Israel sah auch davon ab, eine Delegation zu Verhandlungen über eine Waffenruhe nach Kairo zu entsenden.

In der ägyptischen Hauptstadt trafen am Wochenende Unterhändler der Palästinensischen Autonomiebehörde von Präsident Mahmud Abbas sowie der Hamas und ihrer Verbündeten ein. Die Hamas hat bislang ihre Zustimmung zu einer Waffenruhe unter anderem davon abhängig gemacht, dass die Blockade des Gazastreifens aufgehoben wird.

(dpa)
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