Überraschende Wende im Konflikt Israel zieht Truppen und Panzer im Gazastreifen teilweise zurück

Gaza · Es sieht nach einer überraschenden Wende inmitten der Suche nach dem entführten israelischen Soldaten aus: Israel zieht sich offenbar ein Stück weit aus dem Gazastreifen zurück. Eine Teilnahme an den geplanten Gesprächen in Kairo über eine Waffenruhe lehnt das Land aber ab.

Zerstörung, Flucht und Proteste in Israel und im Gazastreifen
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Israel hat sich Medienberichten zufolge überraschend ein Stück weit aus dem Gazastreifen zurückgezogen.
Einige Truppen und Panzer hätten am Samstag einen zentralen Bereich des Gazastreifens verlassen und bewegten sich dichter an die Grenze, hieß es. Ein Militärsprecher sagte dazu, aus der nördlichen Stadt Beit Lahija geflohene Einwohner könnten wieder sicher in ihre Häuser zurückkehren.

Israelische Soldaten blieben aber im Gazastreifen, bis alle Tunnel der Palästinenserorganisation Hamas unter der Grenze zu Israel zerstört seien, sagte er der Nachrichtenagentur AP. Dies werde nicht mehr allzu viel Zeit in Anspruch nehmen, fügte er hinzu. 31 Tunnel wurden den Angaben zufolge bereits zerstört. Weitere Details zu den Medienberichten über den Teilrückzug bestätigten die israelischen Behörden zunächst nicht.

Beit Lahija war Schauplatz heftiger Panzerkämpfe während der jüngsten Militäroffensive Israels gewesen: Von dort aus hatte die den Gazastreifen kontrollierende Hamas Raketen auf Israel abgefeuert hatte. Tausende Einwohner mussten fliehen.

Die Medien deuteten die Truppenbewegungen als Zeichen dafür, dass das Militär einen einseitigen Rückzug aus dem Gazastreifen plane und nach wochenlangen Kämpfen gegen Hamas seinen Sieg in dem Krieg erklären wird.

Eine Waffenruhe lehnte Israel am Samstag allerdings ab. Es habe keinen Zweck, einen Waffenstillstand mit der Hamas anzustreben, sagte Geheimdienstminister Juval Steinitz dem israelischen Fernsehsender "Channel 10". Sein Land werde deshalb keine Vermittler nach Kairo schicken, wo Gespräche über eine längere Waffenruhe geführt werden sollen. Seine Aussagen wurden so gewertet, dass Israel die Kämpfe auf seine Weise beenden wolle, anstatt mit der Hamas zu verhandeln. Beobachter sagten, Israel wolle selbst die Bedingungen setzen, zu denen es sich aus dem Gazastreifen zurückziehe.

Steinitz betonte ferner, Hamas habe wiederholt vereinbarte Feuerpausen gebrochen. Dies "führt uns zu dem Schluss, dass es keinen Zweck hat, mit dieser Organisation zu sprechen", sagte er. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte die US-Regierung auf, keinen weiteren Waffenstillstand mit der Hamas zu erzwingen. Außerdem wolle er, dass ihm die USA in dem Konflikt das Vertrauen ausspreche anstatt ihn zu übergehen, teilte Netanjahu dem Weißen Haus mit.

Seit Beginn des Gazakonflikts am 8. Juli sind nach palästinensischen Angaben bislang mehr als 1650 Palästinenser getötet worden, auf israelischer Seite gab es 66 Todesopfer. Ob sich der Konflikt nun entspannt, ist völlig unklar.

Die Informationen über die israelischen Truppenbewegungen deuteten auf eine Wende in der Strategie Israels hin. Zuvor hatte das Militär auf der Suche nach dem mutmaßlich von Extremisten entführten Soldaten Hadar Goldin seine Offensive im Gazastreifen noch einmal ausgeweitet. Mit Unterstützung von Panzern und Luftwaffe drangen Truppen tiefer in den Süden der von der Hamas kontrollierten Region vor. In der Nacht zum Samstag gab es in der Gegend Rafah Gefechte. Palästinensischen Angaben zufolge wurden dabei mindestens 35 Menschen getötet. Ob Goldin lebt, ist nach wie vor unklar.

(ap)
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