Wortgefecht wegen Nahost-Konflikt Türkischer Minister soll Steinmeier zurechtgewiesen haben

Istanbul/Gaza · Misstöne zwischen Berlin und Ankara: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist einem Zeitungsbericht zufolge wegen einer Bemerkung zum derzeitigen Konflikt im Gazastreifen von seinem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu zurechtgewiesen worden.

 Beim Außenminister-Treffen zur Gaza-Krise sind der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu (2. von links) und der deutsche Kollege Frank-Walter Steinmeier (2. von rechts) aneinandergeraten.

Beim Außenminister-Treffen zur Gaza-Krise sind der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu (2. von links) und der deutsche Kollege Frank-Walter Steinmeier (2. von rechts) aneinandergeraten.

Foto: afp, MR

Wie die türkische Zeitung "Habertürk" am Dienstag unter Berufung auf diplomatische Kreise berichtete, beklagte Steinmeier beim Außenminister-Treffen zur Gaza-Krise am vergangenen Wochenende die Lage Israels. Davutoglu habe sich sehr über die Worte Steinmeiers geärgert, hieß es. Von offizieller Seite lag keine Stellungnahme zu dem Bericht vor. Laut "Habertürk" sagte Steinmeier, in Israel seien die Strände leer, weil sich die Menschen wegen des Raketenbeschusses durch die radikale Palästinenserorganisation Hamas nicht mehr ans Meer wagten.

Darauf habe Davutoglu in der Ministerrunde erwidert, im Gazastreifen seien die Strände nicht leer, sondern voller toter Kinder. Damit spielte er auf den Tod mehrerer Kinder beim Beschuss durch Israel an einem Strand in dem Küstengebiet an.

Bei dem Pariser Treffen widersprach Davutoglu dem Zeitungsbericht zufolge auch der Einstufung der Hamas als Terrororganisation. Die Hamas sei eine Organisation zur Befreiung jenes Landes, in dem die Vorfahren der Mitglieder seit Jahrhunderten lebten, sagte der Minister demnach. Anders als Israel, die EU und die USA, die Hamas als Terrorgruppe sehen, unterhält die Türkei gute Beziehungen zur Führung der radikalen Palästinenserorganisation.

Israels Offensive geht weiter

In Gaza gehen derweil die Lichter aus: Nach dem Einschlag von zwei Panzergranaten in einem Brennstofftank wurde am Dienstag das einzige Kraftwerk des von 1,8 Millionen Menschen dicht besiedelten Küstenstreifens abgeschaltet. Das teilte ein Sprecher des Stromversorgers mit. Bereits vor dem Treffer im Kraftwerk hatten die Einwohner Gazas nur drei Stunden am Tag Strom.

Israel hatte in der Nacht zum Dienstag das Bombardement des Gazastreifens verstärkt. Im Visier von Geschützen, Panzern und Kampfflugzeugen standen Institutionen der radikalislamischen Hamas. Am frühen Morgen beschossen die Streitkräfte das Haus des Hamas-Spitzenfunktionärs Ismail Hanije, Regierungsgebäude und die Rundfunkanstalt Al-Aksa in Gaza. Als der Tag anbrach, lag eine dichte Staubwolke über der Stadt. Nach dem Treffer in dem Brennstofftank stieg eine gewaltige schwarze Rauchwolke auf.

Am Vorabend hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit einem "langen Feldzug" gegen Militante im Gazastreifen gedroht. Örtlichen Angaben zufolge kamen bei den seit drei Wochen andauernden Kämpfen 1110 Palästinenser um, auf israelischer Seite wurden 53 Soldaten, zwei Zivilisten und ein thailändischer Arbeiter getötet.

(DEU)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort