Brasiliens Präsident gründet eigene Partei "Messias" Bolsonaro sammelt seine Jünger in der "Allianz für Brasilien"

Rio de Janeiro · Unter Jubelrufen wie "Mythos, Mythos" hat Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Messias Bolsonaro den Startschuss für seine eigene Partei gegeben. Sie soll Brasilien durch die "von Gott geschriebene Wahrheit von den Lügen reinigen", so das Parteiprogramm.

 Jair Bolsonaro bei der Gründung seiner Partei.

Jair Bolsonaro bei der Gründung seiner Partei.

Foto: dpa/Eraldo Peres

Und im "Namen der göttlichen Vorsehung" die "falschen Versprechen des Globalismus" bekämpfen. Sie ist zudem eine klare Ansage an die Gesellschaft, dass soziale Probleme auch mit Gewalt zu lösen sind.

Die mit Halleluja-Rufen durchzogene Gründungs-Veranstaltung hatte bisweilen sektenartige Züge. Es sei reiner Zufall, dass sein zweiter Name Messias sei, kokettierte Bolsonaro, der im Oktober 2018 mit mehr als 57 Millionen Stimmen gewählt worden war. Doch habe er "seine Rettung" Gott zu verdanken, sein Überleben sei ein Fingerzeig des Herrn, der ihn zu Höherem bestimmt habe, so der Ex-Militär.

Im September 2018 war Bolsonaro während einer Wahlkampfveranstaltung niedergestochen worden. Am Krankenbett beteten evangelikale Pastoren um sein Leben, live übertragen ins Internet. Seine Heilung stellt er seitdem als Wunder Gottes dar, der ihn, einen bescheidenen Mann, auserwählt habe. Es war die Formel für seinen Wahlsieg.

Zwar ist Bolsonaro offiziell katholisch. Doch sein Engagement gegen Gender- und LGBT-Belange hatte den damaligen Parlamentarier vor Jahren radikalen evangelikalen Gruppen angenähert. Zudem ist seine dritte und aktuelle Ehefrau evangelikal. Im Jahr 2016 ließ er sich von einem evangelikalen Pastor im Jordan taufen. Bei den Wahlen im Oktober 2018 stimmten mehr als zwei Drittel der Evangelikalen für ihn.

"Dieser Messianismus ist eigentlich keine Erfindung von Bolsonaro selbst, sondern er war eben der richtige Politiker zur richtigen Zeit, um diese Figur darzustellen", sagt der Theologe Francisco Borba Neto von der katholischen Universität Sao Paulo. Bolsonaro hatte in seiner 30-jährigen Politkarriere stets Polizisten und Militärs vertreten. Im Kongress gehörte er zur "Revolver-Fraktion", die die Bevölkerung bewaffnen will. Religiöses Sendungsbewusstsein zeigte er nie.

Als 2014 Korruptionsskandale Brasiliens Parteien erschütterten und zudem die Gewalt in den Städten explodierte, verquickte er "den Revolver mit der Bibel", so Borba Neto. "Er entdeckte, dass es Raum für einen messianischen Diskurs innerhalb der Politik gab." Religiosität und der Autoritarismus kennzeichnen die brasilianische Gesellschaft seit jeher. Dazu passt das Versprechen der "Allianz", jedem "guten Bürger" das Tragen von Gewehren zu erlauben.

Bolsonaro bezeichnet seine "Allianz" als Rechtsaußenpartei. Seit der Rückkehr zur Demokratie 1985, nach zwanzig Jahren Diktatur, hatte dies kein Politiker gewagt. Bolsonaro macht den Radikalismus nun zum Programm. Symptomatisch war ein aus Tausenden von Munitionshülsen geformtes Parteilogo. Zudem wählte er die "38" als offizielle Parteizahl. Da die zu einem Revolver gespreizten Finger Bolsonaros Erkennungszeichen sind, liegt der Bezug zum klassischen 38er-Revolver nahe.

Gleichzeitig lancierte er einen Gesetzesentwurf, der Polizisten und Militärs vor Strafverfolgung wegen Menschenrechtsvergehen schützt. Schon jetzt tötet Brasiliens Polizei im weltweiten Vergleich am häufigsten, meist ohne Konsequenzen fürchten zu müssen. "Dieses neue Gesetz würde aus der vom Staat kontrollierten Polizei eine Art paramilitärische Miliz machen, ähnlich denen, die bereits über große Teile von Rio de Janeiro herrschen", so Borba Neto. "Wenn die Polizei jetzt schon unbehelligt töten kann, was soll dann erst werden, wenn es offiziell erlaubt ist?"

Angesichts der grassierenden Gewalt hatte Bolsonaro stets Sympathie für selbst ernannte Ordnungshüter ausgedrückt. "Die physische Gewalt als legitimiertes Mittel zur Kontrolle der Gesellschaft zu akzeptieren, ist eigentlich typisch für den Faschismus", so Borba Neto. Papst Franziskus habe ja zuletzt vor der Wiederkehr totalitärer Tendenzen gewarnt, die Gewalt als legitimes Mittel der Unterdrückung einsetzten.

Bevor die "Allianz" vom Obersten Wahlgericht zugelassen werden kann, muss Bolsonaro 500.000 Unterschriften zusammentragen. Spätestens zu den allgemeinen Wahlen 2022, in denen er zur Wiederwahl steht, soll die Partei bereit sein. Es wird die neunte Partei sein, für die er als Kandidat aufläuft; aus seiner bisherigen Partei PSL (Partido Social Liberal) ist er kürzlich wegen interner Streitigkeiten ausgetreten. Dieses Mal wird er für "seine Partei" antreten. Bolsonaro wird Präsident der "Allianz", sein Sohn Flavio Vize.

(felt/kna)
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