Washington will kein Lösegeld für US-Geisel zahlen Manila erwägt härtere Gangart gegen Abu Sayyaf

Zamboanga (AP). Nach der Entführung eines Amerikaners auf den Philippinen erwägt die Regierung in Manila ein härteres Vorgehen gegen die Moslemextremisten. Welche Forderungen die Kidnapper der Abu Sayyaf für die Freilassung des US-Bürgers stellen, ist noch nicht bekannt. Die amerikanische Botschaft erklärte am Mittwoch, sie werde sich nicht auf einen Handel mit den Entführern einlassen.

Unterdessen haben alle der vor wenigen Tagen freigelassenen westlichen Geiseln Libyen verlassen und sind in ihre Heimatländer weitergereist.

"Wir können so nicht weitermachen", sagte Präsidialamtssekretär Ronaldo Zamora. Andernfalls führe dies genau zu der Situation, vor der die Gegner von Lösegeldzahlungen gewarnt hatten: "Wir schaffen uns selbst noch mehr Probleme in der Zukunft." Am Sonntag und Montag hatte die Abu Sayyaf auf der südphilippinischen Insel Jolo sechs westliche Geiseln freigelassen, unter ihnen den Göttinger Lehrer Werner Wallert. Dabei sollen sechs Millionen Dollar (rund 13 Millionen Mark/6,7 Millionen Euro) Lösegeld von Libyen gezahlt worden sein. Neben dem Amerikaner befinden sich nun noch Wallerts Sohn Marc, fünf weitere Ausländer und zwölf Philippiner in der Hand der Abu Sayyaf.

Am Mittwochmorgen verließen Monique und Callie Strydom aus Südafrika als letzte der ehemaligen Geiseln Tripolis, wohin sie am Dienstag nach ihrer Freilassung geflogen worden waren. Die drei freigelassenen Französinnen kamen am Dienstagabend in Paris an. Sonia Wendling, die am 23. April gemeinsam mit der Familie Wallert und 17 weiteren Personen von der malaysischen Ferieninsel Sipadan verschleppt worden war, machte den erschöpftesten Eindruck. Ihr Partner ist noch immer in der Hand der Abu Sayyaf.

Die Hoffnung, dass auch die restlichen Geiseln auf Jolo bald freikommen, wurde durch die Nachricht von der Entführung des Amerikaners Jeffrey Schilling erschüttert. Ein Sprecher der Moslemextremisten, Abu Sabaya, sagte in einem Radiointerview, die Abu Sayyaf wollten am Donnerstag Verhandlungen mit der US-Botschaft über Schillings Freilassung aufnehmen. Er drohte mit der Ermordung der Geisel, falls die USA ihre Forderungen nicht akzeptierten. Die US-Botschaft erklärte indes, die amerikanische Regierung werde weder Lösegeld zahlen noch Gefangene entlassen oder irgendwelche anderen Konzessionen machen.

Der entführte Amerikaner wurde nach Angaben der Abu Sayyaf am Montag in der Nähe eines Einkaufszentrums auf Mindanao verschleppt. Schilling hielt sich seit Anfang März auf den Philippinen auf. Er ist mit einer Philippinerin befreundet, die nach Auskunft ihrer Mutter mit dem Abu-Sayyaf-Sprecher Sabaya verwandt ist.

16-jährige Philippinerin verschleppt

Unterdessen entführten Abu-Sayyaf-Anhänger auf Jolo ein 16 Jahre altes Mädchen. Wie die Polizei am Mittwoch mitteilte, war die Jugendliche gerade auf dem Weg zur Schule, als sie am Montag verschleppt wurde. Die Moslemextremisten würden vermutlich mit den Eltern des Mädchens verhandeln und einen Teil des Lösegelds, das sie erhalten hatten, als Brautpreis zahlen, hieß es. Es war die vierte Entführung einer Frau innerhalb eines Monats.

(RPO Archiv)
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