Baden-Württemberg Teilerfolg für Lehrer im Streit um Berufsverbot

Mannheim/Stuttgart (RPO). Der mit Berufsverbot belegte Lehramtsanwärter aus Heidelberg hat vor Gericht einen Teilerfolg errungen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschied, dass das Oberschulamt Karlsruhe dem Lehrer "zu Unrecht" die Einstellung in den Schuldienst verweigert habe. Ob er nun tatsächlich eine Stelle bekommt, ist allerdings weiter unklar.

 Realschullehrer Michael C. will im Schuldienst übernommen werden.

Realschullehrer Michael C. will im Schuldienst übernommen werden.

Foto: AP, AP

Die Behörde hatte ihr Vorgehen mit Zweifeln an der Verfassungstreue des Pädagogen begründet. Der VGH verpflichtete das Land Baden-Württemberg, erneut über den Einstellungsantrag zu entscheiden. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.

Das baden-württembergische Kultusministerium reagierte zurückhaltend. Man werde erst "auf der Basis der schriftlichen Urteilsbegründung über das weitere Vorgehen" entscheiden, teilte das Ministerium in Stuttgart mit. Zu klären sei insbesondere, ob eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt werde.

Der Lehramtsanwärter hatte sich im Sommer 2002 in Heidelberg als Realschullehrer beworben. Das Oberschulamt Karlsruhe lehnte seine Einstellung ab, weil er Mitglied der "Antifaschistischen Initiative Heidelberg" (AIHD) ist, die vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft wird. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte in erster Instanz im März 2006 das Berufsverbot bestätigt.

Mit dem jetzigen VGH-Urteil im Berufungsverfahren konnte der Lehramtsbewerber einen Teilerfolg erzielen. Zwar liegen nach Auffassung der VGH-Richter die rechtlichen Voraussetzungen nicht vor, das Land zur Einstellung des Klägers zu verpflichten. Über seinen Antrag müsse aber "unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts" neu entschieden werden.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte die Landesregierung auf, den Mann "sofort" einzustellen. Damit könne Baden-Württemberg einen Schlussstrich unter den "Rückfall in eine unrühmliche Politik der 70er Jahre ziehen", sagte der baden-württembergische GEW-Landesvorsitzende Rainer Dahlem.

"Schallende Ohrfeige"

Auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im baden-württembergischen Landtag, Theresia Bauer, betonte: "Der Radikalenerlass gehört in die Mottenkiste und nicht ins 21. Jahrhundert."

Der Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, Rolf Gössner, nannte das Urteil "eine schallende Ohrfeige für die baden-württembergische Kultusbürokratie und das Verwaltungsgericht Karlsruhe".

Dem VGH-Urteil zufolge hat das Oberschulamt wesentliche Punkte bei der Beurteilung des Bewerbers - etwa sein Verhalten im Vorbereitungsdienst - nicht hinreichend berücksichtigt. Die Behörde sei den Anforderungen an eine sorgfältige und vollständige Würdigung des Sachverhalts und der Person nicht gerecht geworden. Eine dem Bewerber vorgehaltene "Sündenliste" sei nicht geeignet, die Annahme einer mangelnden Verfassungstreue zu rechtfertigen.

In der Auseinandersetzung geht es um das derzeit bundesweit einzige Berufsverbot für einen Lehrer. Nach den baden-württembergischen Behörden hatte auch die hessische Schulverwaltung im September 2005 dem Heidelberger eine Anstellung verwehrt.

(afp)
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