Prozess in Hildesheim Tote Nadine: Eltern sprechen von Unfall

Hildesheim (RPO). Vor dem Landgericht Hildesheim hat der Prozess um den Tod der einjährigen Nadine begonnen. Die wegen Misshandlung angeklagten Eltern behaupten, das Mädchen sei bei einem Sturz aus ihrem Hochbett ums Leben gekommen. Eine Zeugin behauptet allerdings, die Mutter des Mädchens habe ihr erzählt, dass der Vater Nadine misshandelt habe.

 Susanne M. ist die Mutter des Mädchens.

Susanne M. ist die Mutter des Mädchens.

Foto: AP, AP

Die Eltern Daniel und Susanne M. gaben am Dienstag vor dem Landgericht Hildesheim eine Erklärung über ihre Verteidiger ab, Nadine sei im Januar 2003 durch einen Sturz vom Hochbett ums Leben gekommen.

 Vater Daniel M. soll das Kind misshandelt haben.

Vater Daniel M. soll das Kind misshandelt haben.

Foto: AP, AP

Die Anklage lautet für beide auf Kindesmisshandlung und Körperverletzung mit Todesfolge. Staatsanwalt Wolfgang Scholz sagte, der 32-jährige Vater habe die im Oktober 2000 geborene Tochter über Monate hin geschlagen, ihr Verbrennungen zugefügt und sie nicht mit Nahrungsmitteln versorgt. Daran sei das nicht einmal zwei Jahre alte Kind im Sommer 2002 gestorben.

"Der Ehemann ging davon aus, Nadine stamme nicht von ihm, sondern aus einer außerehelichen sexuellen Beziehung", erklärte Scholz zum Motiv. Die 30-jährige Mutter habe nichts unternommen, "um die Übergriffe von dem völlig wehrlosen Kind abzuwenden und dadurch ihr Leben zu retten".

Die 31-jährige Zeugin Melanie J. schilderte, wie Susanne M. im Oktober 2006 nach einem Streit mit ihrem Mann weinend und leicht alkoholisiert bei ihr Trost suchte und dann von Nadines Tod berichtete. Demnach habe sie nach einem Krankenhausaufenthalt im Januar 2003 Nadine abgemagert und mit Misshandlungsspuren vorgefunden.

"Die Lüttje war am Schreien, er hat sie nicht gefüttert, und sie hatte rote verbrannte Füße", zitierte die Freundin Susanne M. In der folgenden Nacht sei das Kind gestorben. Zum Entsetzen der Mutter habe deren Mann Nadine in den Harz gebracht und vergraben. Als Motiv für die Misshandlungen habe Susanne M. erklärt: "Er war der Meinung, das war nicht seine Tochter."

Die Zeugin berichtete auch von den Alkoholproblemen der Mutter und regelmäßigen Handgreiflichkeiten mit dem Ehemann. Die Angeklagte verfolgte meist reglos und mit weit herunter gezogenen Mundwinkeln die Aussage.

Leiche nicht gefunden

Persönlich äußerte sich das Ehepaar nicht vor Gericht. Über ihre Anwälte erklärte Daniel M. aber, seine Frau und er hätten nach einem Sturz Nadines vom Hochbett zunächst keine Verletzungen festgestellt. Am nächsten Morgen habe seine Frau ihn dann mit den Worten geweckt: "Ich glaube, Nadine lebt nicht mehr." Nach eigenen Angaben verschwiegen sie den Tod aus Angst, das Jugendamt könne ihnen die anderen Kinder wegnehmen. Sie hätten die Leiche im Harz begraben; bis heute wurde sie nicht gefunden.

Danach wünschten sie sich die Eltern nach eigene Angaben eine neue Nadine. Ihrer im November 2003 zur Welt gekommenen Tochter gaben sie den Namen der verstorbenen Schwester und meldeten die Geburt nicht dem Standesamt. Zur Schuleingangsuntersuchung erschien die Mutter mit dem Mädchen und behauptete, es sei wegen eines Gendefektes kleinwüchsig. Unter dem Druck einer angeordneten Untersuchung offenbarte sich Daniela M. ihrer Freundin, die sich an die Polizei wandte.

Die Angeklagte gab eine Erklärung ab, wonach ihr Mann bei allen fünf Kindern zunächst gemutmaßt habe, sie seien nicht von ihm. Anschließend sei er doch allen ein liebvoller Vater gewesen.

Ein Urteil wird in dem auf zwölf Tage angesetzten Prozess erst im Mai erwartet. Den Angeklagten droht jeweils ein Haftstrafe zwischen drei und 15 Jahren.

(ap)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort