Rückkehr des Nagers Der Biber erobert deutsche Großstädte

Frankfurt/Berlin/Düsseldorf · Der Biber war in Deutschland fast ausgerottet. Jetzt gibt es ihn wieder — und mittlerweile haben die Dammbauer sogar Großstädte wie Frankfurt oder Berlin erreicht. Auch die Population in NRW wächst immer weiter.

 Ein Biber kann auf ein Körpergewicht von bis zu 30 Kilogramm kommen.

Ein Biber kann auf ein Körpergewicht von bis zu 30 Kilogramm kommen.

Foto: dpa, rho hpl

Am nördlichen Frankfurter Stadtrand sind die Spuren nicht zu übersehen: Die Bäume am Ufer der Nidda sind angeknabbert. Manch dünner dünner Stamm liegt sogar schon gefällt im Wasser. "Vor einigen Wochen gab es die ersten Biber-Beobachtungen in der Stadt", berichtete Biologe Mark Harthun vom Naturschutzbund (Nabu) Hessen. Bundesweit gibt es nach Angaben des Experten bereits wieder zwischen 18.000 und 20.000 Biber.

Bäume und Zäune angenagt

Einige von ihnen fühlen sich mittlerweile außer in Frankfurt auch in anderen deutschen Großstädten wohl. So leben etliche Dammbauer inzwischen auch auf Berliner Stadtgebiet, sagt Roland Gramling vom WWF, im Bezirk Spandau zum Beispiel. In München sorgte ein Biber vor zwei Jahren für Schlagzeilen, weil er im Englischen Garten sein Unwesen trieb. Mit Vorliebe nagte er Bäume an, die frei standen und den Park schmückten oder auf denen die Namen großzügiger Förderer der Grünkultur standen. Jede Nacht fielen drei Bäume.

Die Münchner sprachen in Anlehnung an Bruno, den Bären, bereits von einem Problembiber, weil er sich mit seinem großen Appetit an einem Kulturgut vergriff. Besser gelitten und mittlerweile eine lokale Berühmtheit sind die beiden Biber, die an der "Kleinen Isar" bei der Museumsinsel ebenfalls mitten in der bayerischen Metropole leben.

Artenschutz-Bereich

In Nordrhein-Westfalen sind rund 500 Tiere heimisch. Das größte Vorkommen mit etwa 250 Bibern ist im Kreis Düren an der Ruhr. "Dort wurden die ersten 1981 wieder angesiedelt", sagt Dietlind Geiger-Roswora, Dezernentin für Säugetiere im Artenschutz-Bereich beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz.

Zwölf Biber fanden damals in dem Flüsschen eine neue Heimat. Mittlerweile haben sich die Nachfahren bis nach Aachen, in den Kreis Heinsberg und in den Rhein-Erft-Kreis verbreitet. Auch am Niederrhein wurden Biber ausgesetzt: 2002 bekamen 26 Biber im Kreis Wesel die Freiheit geschenkt. Zusammen mit Einwanderern aus den Niederlanden in den Kreisen Viersen und Kleve ist die Population nun auf 150 Köpfe angewachsen.

Der letzte wildlebende Biber in NRW wurde im Jahr 1877 an der Möhne erlegt. Die Tiere waren wegen ihres Pelzes beliebt und wurden intensiv bejagt. Außerdem wurde das so genannte "Bibergeil" — ein Drüsensekret, mit dem die Tiere unter anderem ihre Reviere markieren — in der Medizin als Heilmittel gegen Krämpfe, hysterische Anfälle und Nervosität eingesetzt. "Auch das Fleisch ist relativ schmackhaft", erklärt Geiger-Roswora. Angeblich soll es schmecken wie Reh oder Hase. In der Fastenzeit im Mittelalter aßen Mönche Biber ohne schlechtes Gewissen, weil das Tier ja schließlich im Wasser lebt.

Die Lebensbedingungen für den Biber sind in NRW gut. Die Bestände vermehren sich schnell, die Zahlen steigen. Allein in zwei Jahren, von 2010 bis 2012, kletterte die Zahl der Reviere von 120 auf 150, die Zahl der Tiere von 370 auf mehr als 500. "Sie breiten sich zügig aus", stellt Geiger-Roswora fest. "Wir können damit rechnen, dass sie bald auch in NRW-Großstädte kommen." Schon jetzt lassen sich die Biber in kleineren Städten wie Inden nicht durch den Menschen stören. Besonders im Wasser fühlen sie sich sicher und sind dann auch tagsüber nicht besonders scheu, sagt die Biber-Expertin.

"Dann kann es gefährlich werden"

Doch mittlerweile kommen sich auch in Nordrhein-Westfalen Mensch und Tier ins Gehege. Im Kreis Düren haben die Biber schon eine Eisenbahnlinie untergraben und in zahlreichen Gärten die Obstbäume umgelegt. "Wenn sie in offene Flächen kommen, kann es auch gefährlich werden", sagt Geiger-Roswora. Zum Beispiel, wenn auf landwirtschaftlichen Flächen Traktoren in Gräben versinken oder wenn an Straßen Bäume wegen Biberschäden umstürzen. Für solche Fälle haben die Tiere aber Krisenmanager: Biberberater werben um Verständnis und kümmern sich zum Teil auch um eine finanzielle Abwicklung der Schäden.

Der Rhein übrigens als größter Fluss im Land bietet den Tieren keine Heimat. Die Ufer sind nicht für eine Biber-Besiedlung geeignet, und es gibt zu wenig Futter zu beiden Seiten des Flusses. Biber wurden aber schon in den Fluten des Rheins gesehen. Die Tiere nutzen die große Wasserstraße zum selben Zweck wie die Menschen: Im Rhein kommen die Biber von A nach B und erschließen sich so neue Flüsse und Lebensräume.

(RP/csi)
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