Massive Vorteile durch dritte Impfung Israelische Studien bestätigen Wirksamkeit der Booster-Impfungen
Analyse · Viele Studien weisen auf einen Rückgang des Impfschutzes vor schweren Corona-Verläufen nach mehreren Monaten hin. Israel hat deswegen schon im Sommer mit dem Boostern begonnen. Welche Erfahrungen hat das Land damit gemacht?
Auf den Tag sechs Monate nach ihrer zweiten Impfung, im August dieses Jahres, fühlte Yara Nitzan sich plötzlich unwohl, dazu kamen Schnupfen und Schwierigkeiten zu atmen. Bald fühlte sich die 32-Jährige so schlapp, dass sie nicht einmal alleine auf die Toilette gehen konnte.
Es war ein Impfdurchbruch in Israel, wie er derzeit auch in Europa häufig vorkommt, auch unter jungen Leuten. Nur, dass er bereits im August stattfand. In Israel begann die vierte Covid-19 Welle im Sommer. Die Delta-Variante breitete sich rasant aus, die Zahl der Neuinfektionen ging durch die Decke. Etwa ein halbes Jahr nach der ersten Impfkampagne in Israel, das als erstes Land der Welt flächendeckend gegen Covid-19 geimpft hatte, kam die Vermutung auf, dass die Wirkung der Impfung mit der Zeit nachlässt.
Eine israelische Studie, die noch nicht von Fachkollegen geprüft war, untermauerte diese Vermutung: Sie legte nahe, dass der Schutz durch die Impfung nach sechs Monaten signifikant kleiner ist als nach vier. Laut der Studie weisen Menschen über 60, die eine zweite Dosis von Pfizer im März erhalten haben, einen 1,6 mal höheren Schutz gegen eine Infektion auf und einen 1,7 mal höheren Schutz gegen einen schweren Verlauf von Covid-19 als diejenigen, die im Januar zum letzten Mal die Ärmel hochgerollt haben. Ähnlich verhält es sich laut der Studie in anderen Altersgruppen.
Studien aus Großbritannien, den USA und Kanada folgten. Sie haben gemeinsam, dass sie alle ein signifikantes Nachlassen des Impfschutzes beobachten, jedoch in unterschiedlicher Stärke. Und noch etwas: Sie beobachteten, dass der Impfschutz auch nach sechs Monaten zu noch mindestens 50 Prozent bestehen bleibt. Die neue Regierung unter Naftali Bennett setzte in der vierten Welle auf die Booster-Impfung. Beschränkungen blieben weitgehend aus, ein Lockdown wurde nicht verhängt. Im Juli fing Israel an, den Hochrisikogruppen und den über 60-Jährigen eine dritte Spritze zu geben. Kurz darauf war die Booster-Impfung mit Ausnahme von Kindern für alle offen.
Bald wurde der Erfolg sichtbar: Mitte September fiel die Kurve steil ab und Covid-19 wurde in Israel vor allem zu einer Pandemie der Ungeimpften. Diese machen etwa 15 Prozent derjenigen Bevölkerung aus, denen der Impfschutz offensteht; gleichzeitig stellten sie bald nach der zweiten Impfkampagne die Mehrheit der schweren Fälle. Mittlerweile haben mehr als vier Millionen Israelis, etwas weniger als die Hälfte der Bevölkerung, ihren Booster erhalten. Derzeit infizieren sich täglich lediglich einige hundert Personen pro Tag neu.
Zu Beginn der erneuten Impfkampagne fehlten noch Beweise für die Effektivität einer dritten Dosis, doch mittlerweile liegen Studien vor, die ihre Wirksamkeit belegen. Laut einer Studie des Gesundheitsanbieters Clalit reduziert der Booster im Vergleich zu denen, die vor fünf Monaten oder länger geimpft wurden, Krankenhausaufenthalte um 93, schwere Covid-19-Erkrankungen um 92 und Covid-19-bedingte Todesfälle um 81 Prozent.
Insgesamt trugen Daten von knapp 1,5 Millionen Israelis zu dieser Studie bei. Die eine Hälfte hatte die dritte Dosis des Pfizer/BioNTech-Impfstoffs erhalten, bei der anderen Hälfte der Untersuchten lag die zweite Impfung mindestens fünf Monate zurück. Laut Nadav Davidovitch, Mitglied im israelischen Covid-19-Beratungsstab, gibt es Hinweise darauf, dass die dritte Dosis einen länger anhaltenden Schutz bieten könnte als die ersten beiden Stiche. Für eindeutige Aussagen sei es allerdings noch zu früh, denn noch sind die Studien dazu nicht von Fachkollegen geprüft.
