Termine, Impfstoffe, Nebenwirkungen, Kinder Wie man in NRW an die Booster-Impfung kommt

Düsseldorf · Weil der Impfschutz nachlässt, sollen nun alle ab 18 eine Auffrisch-Impfung erhalten. Praxen und Impfstellen weiten ihre Angebote aus. Die Apotheken hoffen auf eine rasche Zulassung, obwohl sich die Ärzte sträuben. Auch für Kinder gibt es Pläne.

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Foto: dpa-tmn/Wolfgang Kumm

Angesichts der dramatisch steigenden Infektionszahlen sollen nun alle Erwachsenen eine Booster-Impfung erhalten. Nach wochenlangen Prüfungen weitet die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Empfehlung aus. „Ab sofort empfiehlt die Stiko allen Personen ab 18 Jahren die Auffrischimpfung“, teilte das Gremium am Donnerstag mit. Das hat Folgen.

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Wann soll man geboostert werden? Bislang hieß es, dass die Menschen frühestens sechs Monate nach ihrer ersten Impfserie ihre Auffrischung erhalten sollen. Jetzt empfiehlt die Stiko einen kürzeren Abstand: „Die Auffrischimpfungen sollen in der Regel im Abstand von sechs Monaten zur letzten Dosis der Grundimmunisierung erfolgen. Eine Verkürzung auf fünf Monate kann im Einzelfall oder wenn genügend Kapazitäten vorhanden sind, erwogen werden.“ Damit brauchen nun Millionen Bürger einen Termin. „Jetzt zählt jede Impfung“, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein. Am 18. Dezember würden bundesweit 25 Millionen Bürger, die vor mindestens sechs Monaten komplett geimpft worden seien, Anspruch auf den Booster haben.

Wie weit ist NRW beim Boostern? Bislang haben erst 6,1 Prozent der NRW-Bürger eine Auffrischungsimpfung erhalten, damit liegt NRW im Ländervergleich auf Platz sechs. Nun wollen die Praxen noch mehr Gas geben. Bis Jahresende werde es in NRW 2,5 bis drei Millionen Impfungen geben, sagte Frank Bergmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein. Das aber reicht nicht, um die Nachfrage zu decken. „Wir werden es nicht schaffen, bis Jahresende alle bislang Geimpften zu boostern“, räumte Bergmann ein.

Wo bekommt man eine Impfung? An den Adventswochenenden wollen einige Praxen auch samstags und sonntags zum Impfen öffnen, so Bergmann weiter. Zudem soll es dort „Impfen to go“ geben: Dabei können sich Patienten, auch praxisfremde, ohne Anmeldung impfen lassen. Als weitere Anlaufstelle gibt es die Impfstellen, die jede Kommunen einrichten kann. Das sind kleine Impfzentren, die es zum Beispiel in Bonn, Duisburg, Düren, Düsseldorf, Köln, Krefeld, Solingen und Wuppertal bereits gibt. Einen Überblick finden Sie hier.

Was ist, wenn man keinen Hausarzt hat? Ohnehin können Bürger, die keinen Hausarzt haben, über ein KV-Register eine Praxis finden, die auch fremde Patienten impft (coronaimpfung.nrw/impfregister). Sie können sich auch an die Impfstellen wenden.

Dürfen auch Apotheker impfen? Darüber gibt es noch Streit. Der Chef des Robert-Koch-Institutes (RKI), Lothar Wieler, ist alarmiert: „Wir werden ein sehr schlimmes Weihnachtsfest haben, wenn wir nicht gegensteuern.“ Die Impfquote müsse steigen. Es werde jetzt jeder gebraucht, um zu im­pfen - auch die Apotheker, so Wieler. Die Pharmazeuten stehen bereit: „Hier im Rheinland gibt es bereits ein dichtes Netz von über 500 impfberechtigten Apotheken, über 1000 geschulte Apotheker können bereits Grippeimpfungen durchführen“, sagte Verbandschef Preis. Jetzt komme es nur noch auf die Politik an, schnell praktikable Rahmenbedingungen zu schaffen. 97 Prozent der impfberechtigten Apotheken seien bereit, Corona-Impfungen durchzuführen. „Die Apotheken könnten in der zugespitzten Situation zur Beschleunigung des Impfgeschehens beitragen.“ Doch die Kassenärztliche Vereinigung lehnt das ab: „Das Impfen gehört wegen der mögliche Nebenwirkungen in die Hand des Arztes“, sagt Bergmann. Nicht das Spritzen sei das Problem, sondern mögliche Komplikationen. Allerdings impfen in Ländern wie den USA und Frankreich auch die Apotheken.

Warum ist das Boostern nötig? Das Boostern ist nötig, weil die Impfstoffe schneller als erwartet an Wirksamkeit verlieren. Der Impfschutz geht nach drei bis vier Monaten langsam herunter, fasst Bergmann die ernüchternde Studienlage zusammen. Aber auch dann seien Geimpfte noch weit mehr geschützt als Ungeimpfte, vor allem vor schweren Verläufen. Und: Die dritte Dosis wirkt nach Angaben der Ständigen Impfkommission stärker als die zweite.

Braucht man später auch noch eine vierte Impfung? Wie lange der so aufgefrischte Impfschutz hält, ist noch offen. „Das wissen wir erst im Frühjahr“, so der KV-Chef. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine vierte oder fünfte Auffrischung nötig ist. Das hängt auch davon ab, ob sich neue Virusvarianten bilden und durchsetzen, so dass es ähnlich wie bei der Grippe regelmäßige Impfungen geben muss.

Mit welchem Impfstoff wird geboostert? Die Stiko empfiehlt, dass dazu ein mRNA-Impfstoff genutzt wird - also der von Biontech oder Moderna. Das gilt unabhängig davon, welchen Impfstoff man in der ersten Impfserie bekommen hat. Menschen unter 30 sollen nur Biontech bekommen. Es habe sich gezeigt, dass Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen bei jungen Menschen nach der Impfung mit dem Vakzin von Moderna häufiger beobachtet worden seien als bei Biontech, hatte die Stiko erklärt. Wer mit Johnson&Johnson geimpft wurde, soll ohnehin schon nach vier Wochen eine Auffrischungsimpfung bekommen, so die Stiko.

Müssen auch Kinder geboostert werden? Der Hausärzte-Verband Nordrhein erwartet, dass auch Jugendliche ab 16 Jahre im neuen Jahr eine Booster-Impfung bekommen werden. „Die 16- bis 18-Jährigen sind seit Ende Mai geimpft worden. Für diese Altersgruppe muss es eine zeitnahe Lösung geben“, sagte Verbandschef Oliver Funken unserer Redaktion. Jugendlichen hätten unter dem Lockdown besonders gelitten. „Sie sind offen für das Impfen. Aber auch hier warten wir auf valide Daten, die auch kommen werden.“ 

 25 Millionen Bürger brauchen bis Weihnachten einen Booster.

25 Millionen Bürger brauchen bis Weihnachten einen Booster.

Foto: dpa/Sina Schuldt

Wann kommt der Impfstoff für Kinder ab fünf Jahren? Das Bundesgesundheitsministerium rechnet damit, dass die Europäische Arzneimittelagentur Ema bis Weihnachten das Biontech-Vakzin für Kinder zwischen fünf und elf Jahren zulässt. Sie sollen eine geringere Dosis als Erwachsene bekommen, aber auch wie diese zwei Dosen. Eine Empfehlung der Stiko wird aber erst im neuen Jahr erwartet. Man darf gespannt sein, ob die Experten die Impfung tatsächlich nur für vorerkrankte Kinder empfehlen werden, wie sie bislang in Aussicht gestellt hat. Ärzte dürfen aber auch unabhängig von der Stiko nach eigenem medizinischen Ermessen die Kinder impfen.

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