Erdbeben in Indonesien Verzweiflung über tausende Opfer

Berlin (rpo). Das erneute schwere Seebeben im Indischen Ozean vor der Küste Indonesiens hat vermutlich mehrere tausend Todesopfer gefordert. Obwohl ein Tsunami wie am zweiten Weihnachtstag ausblieb, kam es auf den Inseln vor Sumatra am Ostermontag teils zu verheerenden Schäden.

Auf der am schwersten betroffenen Insel, dem Surferparadies Nias, sind nach Angaben von Hilfsorganisationen drei Viertel der 30.000 Einwohner zählenden Hauptstadt Gunungsitoli zerstört. Durch die schweren Schäden liefen erste Hilfsmaßnahmen nur schleppend an. Die deutschen Urlauber in der Region überstanden das Beben offenbar unbeschadet.

Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sprachen dem indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono in Telegrammen ihr Beileid aus. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) stellte Indonesien "praktische Hilfe" in Aussicht.

"Über deutsche Opfer ist uns bislang nichts bekannt", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Unter den Todesopfern seien keine Gäste deutscher Reiseveranstalter, bestätigte der Geschäftsführer des Deutschen Reisebüro und Reiseveranstalterverbandes (DRV), Tobias Jüngert. Die Insel Nias spiele als Reiseziel für Deutsche nur eine "sehr geringe Rolle", die meisten Veranstalter hätten sie nicht im Programm.

Nias war bereits von dem Tsunami am 26. Dezember schwer getroffen worden. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen des Bündnisses "Aktion Deutschland hilft" (ADH) vor Ort schätzen, dass diesmal allein auf Nias mehr als 1000 Menschen ums Leben kamen und über 2000 verletzt wurden. Die indonesische Regierung rechnet mit insgesamt bis zu 2000 Toten.

Die Soforthilfe lief bereits wenige Stunden nach der Katastrophe an. Helfer des Internationalen Roten Kreuzes suchten zunächst nach Verschütteten und versorgten die Verletzten und Obdachlosen. Johanniter, Malteser und Help stellten Zelte, Decken und Lebensmittel bereit. Der schnelle Transport der Hilfsgüter werde aber durch die komplette Zerstörung des Flughafens behindert, sagte ein ADH-Sprecher. Fähren müssten eingesetzt werden. Zur Insel Simeulue, direkt neben dem Epizentrum, konnte kein Kontakt hergestellt werden.

Das deutsche Frühwarnsystem in der Region soll trotz der erneuten Katastrophe nicht schneller als geplant eingerichtet werden. Ein Sprecher des Bundesforschungsministeriums sagte, die Pläne seien bereits "sehr ehrgeizig" und könnten nicht beliebig beschleunigt werden. Erst vor zwei Wochen hatten Deutschland und Indonesien die Lieferung des federführend vom Geoforschungszentrum in Potsdam entwickelten Systems vereinbart. Demnach werden im Oktober als Teil des Projektes satellitengestützte Messbojen in indonesischen Gewässern ausgesetzt.

Das Seebeben mit der Stärke von etwa 8,7 auf der Richterskala hatte am Ostermontag für Panik gesorgt. Auch in Sri Lanka, Thailand und Indien gab es Tsunami-Warnungen. Eine "globale Flutwelle" blieb jedoch aus. Zwar sei das Nachbeben "gewaltig" ausgefallen, der Meeresboden habe sich jedoch diesmal nicht ruckartig angehoben, also keine großen Wassermassen verdrängt, erläuterte der Potsdamer Erdbebenexperte Jochen Zschau. Das Beben am zweiten Weihnachtstag sei fast zehn Mal so stark gewesen. Damals waren Schätzungen zufolge rund 300 000 Menschen ums Leben gekommen.

Die Reisebranche rief zur Besonnenheit auf: "Wir empfehlen in jedem Fall, Südostasien auch weiterhin in die Reisepläne aufzunehmen", sagte Jüngert. Interessenten sollten sich aber in den Reisebüros genau über die Sicherheitslage vor Ort informieren.

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort