Anhörung in Guantanamo Die 9/11-Drahtzieher vor Gericht

Fort Meade/Guantanamo · Das "Jahrhundert-Verfahren" in Guantánamo gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 ist in eine zweite Anhörungs-Runde gegangen.

Der mutmaßliche Chefplaner, Chalid Scheich Mohammed, sowie vier weitere Angeklagte erschienen am Montag vor dem Militärsondergericht in dem US-Gefangenlager auf Kuba. Zu Beginn der mehrtägigen Verhandlungen ging es um Verfahrensfragen. Unter den Angeklagten ist auch Ramzi Binalshibh, der zur "Hamburger Zelle" gehörte. Kritiker meinten, vor dem Gericht in dem Gefangenlager auf Kuba könne es keinen fairen Prozess geben.

Das Hauptverfahren gegen die "Guantánamo Five" wird vermutlich erst im nächsten Jahr eröffnet. Sollten die Angeklagten schuldig gesprochen werden, droht ihnen die Todesstrafe. Bei einer ersten Anhörung im Mai gab es zeitweise chaotische Szenen. Ein Angeklagter kniete während des Verfahrens auf dem Boden nieder und begann zu beten. Seitdem wurden anberaumte Termine für eine weitere Anhörung mehrfach verschoben.

Journalisten sowie Angehörige der Opfer der Anschläge konnten am Montag das Verfahren in Guantánamo und auf dem US-Militärstützpunkt Fort Meade (US-Staat Maryland) per Video verfolgen.

Um einen weiteren Streit und erneute Verzögerungen zu vermeiden, sagte der vorsitzende Militärrichter James Pohl den Angeklagten die Möglichkeit zum Gebet in der Mittagspause zu. "Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Unterbrechungen, und ich gehe davon aus, dass es keine geben wird", sagte der Richter.

Anklage will Todesstrafe

Die Anklage hatte bereits vor Beginn des Verfahrens deutlich gemacht, dass sie die Todesstrafe anstrebe. Neben Chalid Scheich Mohammed und Ramzi Binalshibh müssen sich Ali Abdel Asis Ali, Mustafa Ahmed al-Hausawi sowie Walid bin Attasch vor dem Militärtribunal verantworten.

Hauptanklagepunkte sind Terrorismus, Flugzeugentführung, Verschwörung, Mord, Angriff auf Zivilisten, vorsätzliche schwere Körperverletzung und Zerstörung von Eigentum. Bei den Anschlägen am 11. September 2001 kamen rund 3000 Menschen ums Leben. Unter anderem steuerten die Täter zwei entführte Flugzeuge in das World Trade Center in New York und brachten die Zwillingstürme zum Einsturz.

Am Montag ging es zudem um die Fragen, ob die Angeklagten weitere Anwälte erhalten. Im Mittelpunkt der Anhörungen - und des gesamten Prozesses - dürfte die Frage der Folter und der Rechtmäßigkeit des Verfahrens außerhalb der normalen US-Justiz stehen. Die American Civil Liberties Union (ACLU), einer der wichtigsten US-Bürgerrechtsbewegungen, bezeichnete das Militärverfahren in dem Gefangenenlager als ein "Justizsystem zweiter Klasse". Es könne kein fairer Prozess erwartet werden.

Der 2003 in Pakistan gefasste Scheich Mohammed war laut Aufzeichnungen des US-Geheimdienstes CIA in einem geheimen Gefängnis 183 Mal dem sogenannten Waterboarding unterzogen worden, einem simulierten Ertränken. Mit dieser Foltermethode sollten Aussagen erzwungen werden.

Dass der Prozess in Guantánamo stattfindet, werten Beobachter als Schlappe für Präsident Barack Obama. Als Obama sein Amt 2009 antrat, setzte er die Militärtribunale zunächst aus und versprach stattdessen Prozesse vor zivilen Gerichten auf dem US-Festland. Doch damit konnte er sich nicht durchsetzen, viele Abgeordneten und Senatoren wollten in ihren Wahlkreisen keine Gefängnisse für Terroristen einrichten.

Bereits 2008 hatte Scheich Mohammed als Wortführer der Angeklagten erklärt, dass er die Todesstrafe wolle. Es sei sein Wunsch, als Märtyrer zu sterben.

(dpa)
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