Viersen Das Bürgerbegehren für Stolpersteine nimmt Fahrt auf

Viersen · Es geht um die Verlegung von „Stolpersteinen“ zum Gedenken an verfolgte und ermordete Juden. Mehrere Hundert Viersener haben bereits unterzeichnet, damit Hausbesitzer das nicht länger verhindern können.

 Amina Koller trägt ihren Namen, ihre Anschrift und ihr Geburtsdatum in die Unterschriftenliste ein.

Amina Koller trägt ihren Namen, ihre Anschrift und ihr Geburtsdatum in die Unterschriftenliste ein.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Zwölf Tage nach Beginn des Bürgerbegehrens sind die ersten ausgefüllten Unterschriftenlisten an die Initiatoren zurückgekehrt. Sie setzen sich dafür ein, dass ein im April gefasster Ratsbeschluss gekippt wird, der Hauseigentümern ein Vetorecht bei der Verlegung von „Stolpersteinen“ einräumt. Mit den Gedenksteinen erinnert der Künstler Gunter Demnig an Juden, die von den Nazis verfolgt und ermordet worden. In Viersen waren es mehr als 200.

Hunderte Namen stehen bereits auf den Unterschriftenlisten für die Verlegung der Stolpersteine, aber die Initiatoren wissen: Das reicht noch nicht. Und: Bald fangen die Sommerferien an, dann wird das Sammeln schwieriger.

 Bürgermeister a.D. Günter Thönnessen (rechts) überreicht einem Marktbesucher die Infoschrift über das Bürgerbegehren.

Bürgermeister a.D. Günter Thönnessen (rechts) überreicht einem Marktbesucher die Infoschrift über das Bürgerbegehren.

Foto: Bauch, Jana (jaba)

Am Dienstagmorgen haben sich die Initatoren auf dem Markt in Süchteln aufgebaut, unweit des Obststandes werben sie an einem Stehtisch um Unterschriften. „Wenn ich unterschreibe, bin ich dann für oder gegen Stolpersteine?“, will ein älterer Mann wissen. „Dafür“, sagt Viersens Bürgermeister a.D., Günter Thönnessen. Der Mann trägt sich in die Unterschriftenliste ein. Thönnessen, selbst Süchtelner, wollte sich eigentlich nicht mehr politisch äußern; der Ratsbeschluss habe aber eine moralische Frage berührt, sagt er. „Es ist traurig, dass man da überhaupt drüber diskutieren muss“, meint Helga Kollbeck (67). Auch ihre Enkelin Amina Koller, 18 Jahre alt, unterzeichnet. Eine andere Frau winkt ab: „Ich darf nicht, ich wohne nicht in Viersen.“ Manche kommen auch gezielt zum Stand. „Ich habe aus der Zeitung von der Unterschriftenaktion erfahren“, sagt eine ältere Dame. „Ich finde es wichtig, an die Menschen zu erinnern. Viele Jüngere kennen die Geschichte ja gar nicht mehr.“ Eine junge Lehrerin hat aus dem Radio davon gehört. Sie nimmt eine Liste mit, „dann können auch meine Eltern unterschreiben.“ Kaum einer, der seine Unterschrift verweigert. Eine Frau will nicht. „Wir haben im Krieg genug gelitten.“

 Am Freitag hatte die Initiative zu einer Info-Veranstaltung ins Süchtelner Weberhaus geladen. Knapp 100 Interessierte kamen, viele fragten: „Wie können wir helfen?“

Am Freitag hatte die Initiative zu einer Info-Veranstaltung ins Süchtelner Weberhaus geladen. Knapp 100 Interessierte kamen, viele fragten: „Wie können wir helfen?“

Foto: Mirko Danek

Bereits am Freitag hatte die Initiative um Uwe Micha und Mirko Danek zu einer Infoveranstaltung ins Süchtelner Weberhaus eingeladen. 80 Leute kamen, viele wollten wissen: „Wie können wir helfen?“ In einer Facebook-Gruppe und in einer WhatsApp-Gruppe tauschen sie sich aus, mittlerweile liegen die Unterschriftenlisten auch in mehr als 30 Ladenlokalen aus.

Uwe Micha, der die Stolpersteine in Süchteln verlegen will, sagt: „Ich bin sehr zufrieden, die Unterstützung ist toll.“

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