Viersen Eine Frau, die nie locker ließ

Viersen · Die ehemalige Landtagsabgeordnete und Vize-Landrätin Marie-Luise Morawietz wurde gestern 80 Jahre alt. Seit Jahren hat sie sich aus der aktiven Politik zurückgezogen. Sie war stets eine Politikerin mit Bodenhaftung.

 Kämpfernatur mit Charme und ganz viel Herz: Die frühere SPD-Politikerin Marie-Luise Morawietz wurde gestern 80 Jahre alt.

Kämpfernatur mit Charme und ganz viel Herz: Die frühere SPD-Politikerin Marie-Luise Morawietz wurde gestern 80 Jahre alt.

Foto: BUSCH

Bei Parteiveranstaltungen ist sie immer noch ein gern gesehener Gast. Über Entscheidungen in der Politik – sei es in Stadt und Kreis oder in Land und Bund – kann sie sich zuweilen immer noch mächtig aufregen. Auch wenn sich Marie-Luise Morawietz längst aus der aktiven Politik zurückgezogen hat, ist sie weiterhin politisch auf dem Laufenden und eine gefragte Gesprächspartnerin. Das Bemerkenswerte an der Viersenerin mit Wurzeln in der Pfalz: Auch beim politischen Gegner genießt die frühere, langjährige SPD-Landtagsabgeordnete große Wertschätzung. Gestern hatte "Marie-Lu", wie sie von Freunden schon mal liebevoll genannt wird, runden Geburtstag. Für den morgigen Samstag hat sie Familie, Freunde und Weggefährten zum Feiern in den Süchtelner "Kirsch-Hof" eingeladen: Marie-Luise Morawietz ist 80 Jahre alt.

Hartnäckig und herzlich

Wer der Frau in der Viersener Fußgängerzone oder im Wartezimmer des gemeinsamen Hausarztes begegnet, ist verblüfft von der Agilität und Herzlichkeit, die sie immer noch ausstrahlt. Die Frau, die sich über Jahre wie kaum eine andere in Düsseldorf mit großer Hartnäckigkeit erfolgreich für Stadt und Kreis eingesetzt hat, hat sich bei ihrer politischen Arbeit besonders als Anwältin der so genannten kleinen Leute gesehen. Marie-Luise Morawietz war – politisch gesehen – eine Spätberufene. Erst mit 40 Jahren trat sie in die SPD ein. Zuvor spielten Beruf und Familie die Hauptrolle im Leben der gelernten Industriekauffrau. Dass sie sich einmal so für Viersen und den Niederrhein stark machen würde, war ihr 1956, als sie ihrem Ehemann Günter zuliebe in die Kreisstadt kam, alles andere als klar. Der Ehemann hatte hier eine leitende Position bei Quack & Fischer übernommen, die Ehefrau konnte in der Kaiser's-Hauptverwaltung anfangen.

Erst die geplante zweite Verbindung zwischen Alt-Viersen und Dülken – damals auch Südtangente genannt – brachte die bis dahin eher unpolitische Marie-Luise Morawietz zunächst auf die Barrikaden und dann in die Politik. Denn die Straße sollte unmittelbar durch ihr Wohngebiet am Viersener Lichtenberg führen. Das Haus, das Familie Morawietz – Vater, Mutter und zwei Kinder – bewohnte, sollte der Straße zum Opfer fallen. Marie-Luise Morawietz zog gegen die Südtangente zu Felde – aus heutiger Sicht mit großem Erfolg. Die geplante Straße ist Geschichte, demnächst wird das Umfeld der Morawietz' mit neuen Wohnhäusern bebaut.

Der Kampf gegen die Südtangente war der Startschuss einer beachtlichen politischen Karriere, die Marie-Luise Morawietz über den Viersener Stadtrat und den Kreistag – auf Kreisebene war sie unter anderem Vize-Landrätin – schließlich in die SPD-Fraktion des Düsseldorfer Landtags führte. Auch dort hatte ihr Wort großes Gewicht. Auf Landesebene setzte sie sich vor allem für die Frauen und Benachteiligten ein. Auf ihre Initiative wurde ein Ausschuss für Frauenpolitik eingerichtet. Auch in der Landschaftsversammlung Rheinland arbeitete sie mit, ebenso viele Jahre als Vorsitzende des Anstaltsbeirates im Frauengefängnis Anrath.

(RP)
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