Analyse Galerien: Solinger müssen runter vom hohen Ross

Solingen · Durch das City-Art-Projekt von Timm Kronenberg kommt wieder ein bisschen Leben in das Center. Trotzdem: Jeder Tag, an dem die Geschäfte dort weiter leer stehen, ist ein verlorener Tag. Für die frischgebackenen Besitzer des Centers drängt die Zeit.

So schön es auch ist, dass durch das City-Art-Projekt von Timm Kronenberg ab heute wieder ein bisschen Leben in die Clemens-Galerien einzieht - für den Standort Solingen kommt die zunächst auf drei Monate begrenzte Aktion einem Offenbarungseid gleich. Denn jeder Tag, an dem das Center nahezu leer steht, ist ein verlorener Tag.

Was im Übrigen nicht allein für die Galerien gilt. Die Mall ist nämlich integraler Bestandteil der Innenstadt. Und die Kette der City-Geschäfte kann nur so gut sein, wie es ihr schwächstes Glied zulässt - um einmal eine abgedroschene Floskel zu bemühen, die es jedoch trifft.

Nun gibt es seit kurzem in Solingen durchaus so etwas wie eine neue Ehrlichkeit. Unter anderem im Rathaus hat man eingesehen, dass die Verkaufsfläche in der Innenstadt überdimensioniert ist. Darum hat es zuletzt konzeptionelle Anpassungen gegeben. So steht inzwischen nicht mehr nur eine Nutzung für den Handel im Vordergrund. Sondern vielmehr wird darüber nachgedacht, wie leer stehende Ladenlokale eine alternative Verwendung finden können.

Das ist gewiss richtig. Allerdings hilft es in den Clemens-Galerien nicht weiter. Das Center ist in erster Linie eine Shoppingmall und wird dies auch bleiben - ob mit hohem Vermietungsstand oder ohne. Ideen, wie sie zum Beispiel Anfang des Jahres in der Politik laut wurden, die Galerien zu einem Verwaltungssitz umzugestalten, entbehren jedenfalls schon aus Kostengründen jeder Grundlage.

Dabei drängt für die frischgebackenen Besitzer des Centers mittlerweile die Zeit. Wenn es ihnen nicht gelingt, in Kürze neue Läden zu präsentieren, ist die Gefahr real, dass von den wenigen verbliebenen Mietern auch noch welche ausziehen. Was die ohnehin bereits in Gang gesetzte Abwärtsspirale weiter beschleunigen würde.

Machen wir uns also nichts vor: Die Investoren, die mit den Galerien Geld verdienen wollen, werden - allen anderen Ankündigungen, wie etwa über Gastronomie, zum Trotz - vor allem darauf bedacht sein, die Galerien wieder voll zu bekommen. Zur Not mit Anbietern von Billigwaren. Was im Übrigen auch schon angedeutet wurde, als der Gesellschafter des Centers in dieser Woche davon sprach, die Galerien hätten als "Ergänzung" zum Hofgarten eine Zukunft.

Ob es einem jetzt gefällt oder nicht: Das sind momentan - sowie nach den genauso stümperhaften wie vergeblichen Versuchen zum Aufbau eines Outlet-Centers durch den vorherigen Investor - die Perspektiven. Die Alternative bestünde lediglich darin, dass die Mall am Mühlenplatz demnächst noch mal den Besitzer wechseln würde, womit das ganze traurige Spiel auf ein Neues anfinge.

Zugegeben, keine schönen Aussichten, aber nicht zu ändern. Im Umkehrschluss kann das indes nur bedeuten, dass viele Solinger, die in den sozialen Medien die Lage beklagen, runter müssen von ihrem hohen Ross. Abreißen und neu bauen, wie bisweilen zu hören ist, stellt keine Option dar. Denn wer wollte dies tun, wo doch bereits die bestehenden Clemens-Galerien so schwer zu vermarkten sind?

(or)
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