Solingen Auf der Suche nach Lehrstellen

Solingen · Mehr als 800 Jugendliche suchen für den Ausbildungsbeginn im August beziehungsweise September noch eine Ausbildungsmöglichkeit. Das Angebot ist allerdings knapp – zwei Bewerber kommen auf eine angebotene Stelle.

Der Ausbildungsstellenmarkt ist in Solingen in Schieflage: Mehr als 800 Jugendliche suchen derzeit noch eine Lehrstelle, im Angebot waren Ende April aber nur noch 425 Ausbildungsmöglichkeiten. Zwei Bewerber kommen somit auf lediglich eine Stelle. „An diesem Verhältnis hat sich auch im Mai nichts geändert“, sagt Ute Ackereschott. Grund genug für die Leiterin der Agentur für Arbeit, gestern am Tag des Ausbildungsplatzes selbst zum Telefon zu greifen, um noch zusätzliche Lehrstellen in Firmen zu akquirieren. Unterstützt wurde Ackerschott am „Runden Telefontisch“ von Hans-Peter Pollmann (Arbeitgeberverband), Roland Westphal (Kreishandwerkerschaft) und Ruth Deus (Einzelhandels- und Dienstleistungsverband). „Wir können noch mehr Ausbildungsplätze gut gebrauchen“, betonte Ackerschott.

Listen mit Telefonnummern

Listen mit Telefonnummern von Unternehmen, die ausbilden oder länger nicht mehr ausgebildet haben, werden den Akquisiteuren an die Hand gegeben. Knapp eine Stunde später wurden bereits mehr als ein Dutzend Ausbildungsplätze auf der Habenseite gutgeschrieben. „Uns war aber auch wichtig zu erfahren, warum Betriebe nicht ausbilden“, erklärte Ackerschott.

„Viele junge Leute bringen die Voraussetzungen einfach nicht mit“, weiß Roland Westphal. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft sieht darüber hinaus Defizite bei Primärtugenden wie Pünktlichkeit oder Ordnung. „Es ist zwar menschlich verständlich, wenn ein Betrieb dann sagt, ich bilde nicht aus, aber letztlich ist das die falsche Entscheidung“, unterstrich Westphal. Im Einzelhandel, berichtet Ruth Deus, werde bei den Lehrstellenbewerbern über die fachliche Qualifikation auch auf Umgangsformen geschaut. Stimmen die nicht, würde der Bewerber nicht angenommen: „Die zweitägige Berufsschule ist ebenfalls ein Problem. Statt Ausbildung greifen manche Einzelhandelsbetriebe lieber auf 400-Euro-Kräfte zurück.“

Ins Klagelied mit eingestimmt

Ins Klagelied einstimmen kann auch Hans-Peter Pollmann. Der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes hatte vergangenes Jahr noch kurz vor den Sommerferien eine Lehrstelle für den Beruf Kaufmann/-frau für Bürokommunikation bereit gestellt. „Von den 30 Bewerbungen konnte ich 25 sofort wieder aussortieren“, erklärte Pollmann. Er sieht aber dennoch Positives: „Die fünf übrig gebliebenen Bewerbungen waren durchweg gut – unsere neue Auszubildende entwickelt sich prächtig“, freut sich Pollmann. Für ihn ist klar: „Auch jetzt noch können Unternehmen mit guten Bewerbungen rechnen.“

Ackerschott, Pollmann, Deus und Westphal waren gestern indes nicht allein auf Lehrstellensuche. Über 30 Mitarbeiter des Arbeitgeberservices in Solingen und Remscheid unterstützten das Quartett. Ackerschott: „Wir wollen mit dieser Aktion den Ausbildungsmarkt noch einmal kräftig was anstoßen.“

(RP)
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