Ratingen Ex-Lokführer: Neustart beim Sozialdienst

Ratingen · Zweimal hatte es der ehemalige Eisenbahner mit Selbstmördern zu tun - und geriet als Folge selbst aus dem Gleis.

 Günter Schröder (Name geändert) hat im Möbellager des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) eine Anstellung als Fahrer gefunden. Er sitzt als einer von drei Leuten auf dem Lastwagen, fährt und teilt die Leute ein.

Günter Schröder (Name geändert) hat im Möbellager des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF) eine Anstellung als Fahrer gefunden. Er sitzt als einer von drei Leuten auf dem Lastwagen, fährt und teilt die Leute ein.

"Ich konnte dem Mann, der sich da umbringen wollte, noch bis zu seinem letzten Moment in die Augen sehen", sagt Günter Schröder (Name von der Redaktion geändert). Er hat den Eisenbahnzug, den er fuhr, nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen können. Und das war das zweite Mal. Schon in seiner Ausbildungszeit hatte er den Selbstmord eines Menschen hautnah mitbekommen, als er einen Zug rangierte.

Und danach ist nichts mehr wie vorher. Hat die psychologische Betreuung der Deutschen Bahn den jungen Mann damals noch halbwegs aufgefangen, hilft die Therapie nach dem zweiten Mal nicht mehr. Schröder ist nämlich - weil er näher bei Frau und Kind sein wollte - inzwischen zu einer privaten Bahngesellschaft übergewechselt, die die Betreuung nach einem erlebten Selbstmord-Unfall anders angeht. Jedenfalls so, dass er nicht mehr im bislang ausgeübten Beruf arbeiten kann und auch keinen anderen bekommt.

Es gehört schon fast zur tragischen Logik eines unglücklichen Vorfalls, dass sich danach ein Leben aus den Schienen hebt. Da gerät die Ehe ins Schlingern, bringt sich der beste Freund dort ein. Die Fäuste fliegen, man trifft sich vor Gericht. Umgerechnet macht die Strafe 100 Sozialstunden aus.

So übel der Ausraster war, so segensreich fügt sich der Weg dann zu einem besseren Ziel in Schröders Leben. Seine damalige Situation: Er hatte kein familiäres Zuhause mehr, lebte von Gelegenheitsjobs, verkaufte die Fifty-Fifty-Zeitung. Die eingespielte Zusammenarbeit zwischen dem Jobcenter und dem SkF, dem Sozialdienst katholischer Frauen, griff und so bekam die Möbelkammer-Betriebsleiter Gerhard Pfalzner einen neuen Mitarbeiter.

Das war am 23. Januar 2012. Günter Schröder erinnert sich genau. Im Anfang baute er bei Wohnungsauflösungen Möbel auf und gut Erhaltenes in der SkF-Kammer am Stadionring wieder auf, später bewährte er sich in der Disposition. Immer hatte er Spaß, zu seinem Job zu gehen. Schließlich, als sich eine längerfristige Zusammenarbeit abzeichnete, finanzierte das Jobcenter seinen Führerschein. Und nun sitzt er nicht als einer von drei Leuten auf dem Lastwagen, er fährt jetzt den Wagen und teilt die Leute ein, die manchmal nur tageweise tätig sind und Wohnungsauflösungen erledigen, große Möbel zur weiteren Nutzung herankarren oder abgewirtschaftete Haushaltsgegenstände (gegen Gebühr) entsorgen.

SkF-Vorsitzende Edith Bohnen, stets glücklich über jeden Betreuten, der die Kurve kriegt, sieht ihr Unternehmen wieder einmal als hilfreichen Partner für Problemfälle. Auch hier gelang es, einen Arbeitslosen in eine zuverlässige Stelle zu vermitteln - auch mit Schieben und Ziehen und mit Zuschüssen des Jobcenters. Die würden auch andere Unternehmen bekommen, die einen Mitarbeiter übernehmen.

Robert Wierichs von der SkF-Tochter "Arbeit und Integration Ratingen" versucht mit seinen Kolleginnen und Kollegen, arbeitsmarktnahe Tätigkeiten, fachliche Qualifizierung sowie sozialpädagogische Beratung und Begleitung zu ermöglichen. Er garantiert auch, dass übernommene Mitarbeiter immer noch eine Anlaufstelle in seiner Abteilung haben.

(RP)
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