Interview zum Geschäftsbericht 2017 Stadtwerke investieren Rekordgewinn

Neuss · Gas-Umstellung, E-Mobilität, intelligente Netze: Gremien des Energieversorgers stoßen Zukunftsprojekte an.

 Gruppenbild mit Dame; ein Quintett - drei Aufsichtsrrats-Chefs und zwei Geschäftsführer - führen die Stadtwerke Neuss, v. l.: Stephan Lommetz, Elisabeth Heyers, Ekkehard Boden, Rolf Knipprath und Jörg Geerlings.

Gruppenbild mit Dame; ein Quintett - drei Aufsichtsrrats-Chefs und zwei Geschäftsführer - führen die Stadtwerke Neuss, v. l.: Stephan Lommetz, Elisabeth Heyers, Ekkehard Boden, Rolf Knipprath und Jörg Geerlings.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Herr Lommetz, 5,9 Millionen Euro sind der höchste Konzerngewinn in der Stadtwerke-Geschichte. 2017 war für Sie ein Jahr der Rekorde?

Stephan Lommetz Ich mag diese Superlative nicht, weil Jahresbilanzen immer das Ergebnis von komplexen Ereignissen sind. Ja, wir liegen über Plan, der Geschäftsverlauf war solide, in Teilen auch erfreulich. Licht und Schatten liegen aber nahe beieinander. Der Stromverkauf stieg bei uns gegen den Branchentrend, weil wir Geschäftskunden dazu gewonnen haben. Der Gasabsatz sank hingegen, da wir einen Großkunden verloren haben.

Ein Sondereffekt hat geholfen. Worum ging es dabei?

Lommetz Preisgestaltungen in der Branche aus der Vergangenheit wurden gerichtlich geprüft. Aus Gründen der Risikovorsorge hatten wir Rückstellungen gebildet. Die konnten wir nun teilweise auflösen, da inzwischen größtenteils Rechtssicherheit herrscht.

Sehen Sie Marktchancen in neuen Geschäftsfeldern wie zum Beispiel der E-Mobilität? Alle reden davon, wer aber wird konkret?

Ekkehard Boden Wir. Die Stadtwerke Neuss. Dazu gehört, dass wir sukzessive unseren Fuhrpark elektrifizieren. Einen weiteren Schwerpunkt legen wir auf den Auf- und Ausbau der Lade-Infrastruktur. Die neuen Stationen an der Erft- und der Sebastianusstraße sind ein Anfang. Im dritten Quartal werden wir mehr als 40 neue Ladepunkte in Betrieb setzen, die von Gewerbetreibenden oder auch Privatleuten angefragt wurden.

In welchen Branchen finden Sie Ihre Partner für die E-Mobilität?

Boden Wir arbeiten oft mit Autohäusern zusammen, aber auch Pflegedienste oder Kleingewerbe entscheiden sich immer mehr für Ladeinfrastruktur. Wir erwarten einen E-Mobilitätshype im Jahr 2020. Dafür wollen wir gut gerüstet sein. Darum werben wir auch für Akzeptanz in der Neusser Bevölkerung.
Lommetz Um den Einstieg in die E-Mobilität für alle einfacher zu machen, gehen wir in Vorleistung, investieren und bieten Ladepunkte auf Mietbasis an.

Die Umstellung von L- auf H-Gas naht. Was müssen Kunden wissen?

Boden Sie ist notwendig, da die Gaslieferungen aus den Niederlanden zurückgefahren werden. Im Übrigen betrifft dies fast alle Gasversorger in der nordwestlichen Hälfte Deutschlands. In Neuss werden insgesamt rund 50.000 Gasgeräte betroffen sein. Im ersten Schritt stellen wir 5000 Gasgeräte in 2021 um, weitere 45.000 folgen dann ab 2025.

Das ist ein Großprojekt.

Lommetz Für die Stadtwerke ist das sehr aufwendig und arbeitsintensiv.

Trotzdem: Das wird teuer. Wer bezahlt denn den Spaß?

Boden Letztlich erfolgt die Finanzierung über die vorgelagerten Netzbetreiber, die allerdings ihre Kosten wiederum umlegen werden. Dem Bürger vor Ort sollten neben Mühen und Zeitaufwand keine Kosten entstehen - Voraussetzung ist allerdings, dass er über ein zugelassenes Gerät verfügt. Dies ist in der Regel der Fall. In jedem Haushalt wird zu gegebener Zeit eine individuelle Prüfung und Entscheidung erforderlich sein.
Lommetz Falls sich Bürger jetzt schon ein neues Gerät anschaffen möchten, besitzen wir über unsere Contracting-Tochter gc Wärmedienste großes Knowhow. Zudem wollen wir sehr eng mit den Handwerkern aus der Region zusammenarbeiten.

Was macht die Digitalisierung?

Boden Wir glauben, dass wir da ganz innovativ sind. Unsere Stromnetze in Neuss werden in Zukunft intelligenter. Aber wie sieht so ein Netz der Zukunft aus? Wir haben einige spannende Ansätze, die wir jetzt in einem Pilotprojekt näher untersuchen wollen. Da uns überregionale Fördergelder - ein attraktiver Betrag - bewilligt wurden, glauben wir auf der richtigen Spur zu sein.
Lommetz Die Digitalisierung hilft uns, Prozesse zu optimieren. Wir haben ausgelagerte Dienstleistungen wieder zurück in die Stadtwerke-Verwaltung geholt. Ein schöner Erfolg: Wir haben unseren durchschnittlichen Förderungsbetrag auf jetzt 500 Euro halbiert. Das heißt: Die Ausfallquote reduziert sich.

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