Journalist aus Neuss veröffentlicht Buch Ein Reiseführer durch die Adventsbräuche

Holzheim · Gut 30 Mal hat Thilo Zimmermann Holzheim schon den Rücken gekehrt, um Europas Bräuche der Vorweihnachtszeit zu erforschen. Herausgekommen sind ein Buch und die Erkenntnis: Der Advent ist in Gefahr – aber nicht überall.

 Beim „Klausjagen“ in Küssnacht werden im Umzug Iffelenen genannten Kopffackeln getragen. Das würde sich Zimmermann auch noch ein zweites Mal anschauen.

Beim „Klausjagen“ in Küssnacht werden im Umzug Iffelenen genannten Kopffackeln getragen. Das würde sich Zimmermann auch noch ein zweites Mal anschauen.

Foto: Thilo Zimmermann/Bonifatius-Verlag/Thilo Zimmermann

Rund um den Jahreswechsel werden in vielen Familien Urlaubspläne geschmiedet. Kaum jemand kommt jedoch auf die Idee, in der Adventszeit die Koffer zu packen. „Ganz falsch“, nennt das der Holzheimer Thilo Zimmermann.

Als Reise-Journalist bekam der heute 54-Jährige vor Jahren die Gelegenheit, den an regionalen Bräuchen und Traditionen reichen Advent im österreichischen Kärtnen zu erleben. Er blieb dabei und hat, wie er betont, auf seinen Adventsreisen, die ihn von Island quer durch Europa bis nach Malta führten, die tollsten Erfahrungen gemacht. 24 persönliche Reisetipps hat er nun in Buchform zusammengefasst und im Bonifatius-Verlag Paderborn veröffentlicht. „Zeit für Sehnsucht: Reisen zu europäischen Adventstraditionen“ heißt der reich bebilderte Band, mit dem Zimmermann eine Lücke in der Reiseliteratur schließt. „Meines Wissens ist es das einzige Buch, das sich speziell mit Reisezielen im Advent beschäftigt“, sagt er.

 Thilo Zimmermann mit seinem Herrnhuter Stern am Haus.

Thilo Zimmermann mit seinem Herrnhuter Stern am Haus.

Foto: Thilo Zimmermann/Bonifatius-Verlag/Thilo Zimmermann

Seine Heimat Rheinland kommt in dem Band aber nicht vor. Adventliches Brauchtum kenne er zwar auch hierzulande, sagt Zimmermann mit Blick auf Rorate-Messen in der Obertorkapelle, Marientragen im Nikolauskloster, sowie „lebendigen Adventskalendern“ – auch wenn immer weniger Gemeinden noch genug Familien zum Mitmachen finden. Er kann auch schwärmen für das Engagement vieler Kirchenmusiker und Chöre, die mit ihren Angeboten dazu beitragen, diese vier Wochen vor dem Fest der Geburt des Herrn besonders zu gestalten. Doch all das kann nicht verdecken, was Zimmermann in seinem allerersten Satz fast schon anklagend niederschreibt: „Der Advent ist in Gefahr.“ Bedroht von „Xmas-Shopping bis der Arzt kommt“, Stress, Hektik und Lichterketten-Wettrüsten.

Dass es auch anders geht, gehen kann, hat Zimmermann auf mindestens 30 Adventsreisen erlebt. Sein Fazit: „Es gibt Regionen in Europa, in denen die Menschen den Blick bewahrt haben für die Wurzel des Advents.“ Dort erlebt er das Kontrastprogramm: entspannt und urwüchsig, heimelig und – sanft beleuchtet.

So naiv um nicht zu erkennen, dass auch hinter dem Krampuslauf in Mariazell oder dem „Klausjagen“ in Küssnacht am Vierwaldstätter See geschäftliche Interessen stecken, ist der Neusser nicht. „Advent ist seit alters her auch Marktzeit“, sagt er, und natürlich wissen die Hoteliers in einigen Gegenden Europas solche „Events“ geschickt zu nutzen, um ihre Saison zu verlängern. Aber – und das sei er Unterschied – für die Ziele, die Zimmermann empfiehlt, gibt es (noch?) keine Pauschalreise-Angebote, nichts Durchgeplantes. Seine Vermutung: Die Adventsbräuche werden so selbstverständlich gelebt (und beziehen so viele Einheimische ein), dass niemand auf die Idee komme, dafür Werbung machen zu wollen.

Für alle interessierten Adventsreisenden heißt das im Umkehrschluss: „Jeder muss selbst suchen“, sagt Zimmermann, der nicht nur mit einer Sammlung von Internetadressen beim Einstieg ins Thema behilflich ist.

Und wie hält es der Autor selbst mit dem Advent und seinen Bräuchen? Einen Adventskalender hänge er sich nicht in die Küche, sagt Zimmermann, wohl aber einen Herrnhuter Stern ins Fenster. Und er stellt früh die Krippe auf – ohne das Jesuskind, wie er hinzufügt. Ansonsten ist für den Katholiken die Advents- auch eine christliche Bußzeit. „Es kommt nicht darauf an, zu verzichten, sondern mehr zu haben“, sagt er. Mehr Zeit für Mitmenschen, mehr Zeit für Muße. Sein Buch kann dabei ein Begleiter sein.

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