Rund 50.000 Schulbücher ausgeliefert Eine Chance für den kleinen Buchhandel in Neuss

Neuss · 70 Schulen in sechs Städten beliefert das Bücherhaus am Münster in diesem Jahr mit Schulbüchern. Dafür mussten sich Dorothea und Klaus Gravemann bewerben und einem Losverfahren unterziehen. Das Verfahren finden sie gerecht.

 Klaus und Dorothea Gravemann in ihrem Schulbuchlager.

Klaus und Dorothea Gravemann in ihrem Schulbuchlager.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Für gut acht Wochen, in der Regel zwei Wochen vor den Sommerferien und dann natürlich für die gesamte schulfreie Zeit, müssen Dorothea und Klaus Gravemann vom Bücherhaus am Münster Lagerräume anmieten. Denn die Bücher, die während dieser Zeit auf Europaletten angeliefert werden, würden sie im Ladenlokal nirgendwo stapeln können, auch nicht für kurze Zeit. Es sind Schulbücher, Lernmaterial für alle Schultypen und in allen Fächern. Und die müssen erst einmal sortiert und dann natürlich an ihren „Einsatzort“ gebracht werden. Und der liegt durchaus auch schon einmal einige hundert Kilometer weiter weg, in Hamburg zum Beispiel. Warum ist das so? Warum beliefern Neusser Buchhändler nicht einfach Neusser Schulen, Hamburger eben Bücher in die Einrichtungen der Hansestadt?

„Weil es so ein gerechtes Verfahren ist“, sagt Klaus Gravemann. Ein fairer Wettbewerb eben, an dem sich jede Buchhandlung, und davon gebe es laut Gravemann ungefähr 4000 in Deutschland, beteiligen kann. „Vorausgesetzt“, ergänzt seine Frau Dorothea, „man scheut sich nicht vor dem hohen Arbeitsaufwand.“ Allerdings ist das Schulbuchgeschäft auch ein recht lukratives, eine Chance, ein solides Grundeinkommen zu sichern. Denn gerade im Sommer ist der Umsatz eher mau, dennoch müssen Miete und Angestellte bezahlt werden. Und wenn dann das Weihnachtsgeschäft nicht so läuft wie erwartet, stehen kleinere Buchhandlungen nicht selten kurz vor der Aufgabe.

Wer zur Runde der Schulbuchlieferanten gehören möchte, der muss sich bewerben. Je mehr Bewerbungen man abschickt, desto größer die Chance auf Aufträge, denn entschieden wird per Losverfahren. Theoretisch könnte man dabei auch leer ausgehen, ist aber den Gravemanns noch nie passiert. Und Preisverhandlungen fallen eh weg, denn es gibt eine Preisbindung für Schulbücher wie auch einen festen Rabatt von 15 Prozent für Bestellungen ab 50.000 Euro – und Nachbestellungen innerhalb der ersten sechs Wochen nach Schulbeginn. Im Frühjahr schreiben die Kommunen ihre Bedarfe aus. „Ab einem Volumen von 211.000 Euro muss die Ausschreibung sogar europaweit sein“, sagt Gravemann. Pro Ausschreibung, glaubt er, gehen an die 100 Bewerbungen ein. Auch das Bücherhaus am Münster schickt an die 100 ab, deutschlandweit. „Wir achten darauf, dass die Orte eine gute Verkehrsanbindung haben“, sagt Dorothea Gravemann und fügt schmunzelnd hinzu: „Und auch darauf, ob wir uns die Stadt auch einmal ansehen möchten.“ Doch nicht alle Lieferungen erledigen sie selbst. Für sehr umfangreiche werden Dienstleister eingesetzt.

70 Schulen in sechs Städten (die nächste Düsseldorf, die am weitesten entfernte Hamburg) haben die Gravemanns zu beliefern, geschätzt um die 50.000 Schulbücher. „Wenn die Aufträge eingegangen sind, überprüfen wir erst, ob sie auch plausibel sind. Und wenn die Verlage liefern, müssen wir auch erst checken, ob alles korrekt ist, bevor es ans große Sortieren geht“, erklärt die Buchhändlerin. Verbesserungsbedarf sieht sie nicht an dem ganzen Procedere, sondern, daran, dass es für manche Bücher Länderausgaben gibt. So haben bayrische Schulen andere Lateinbücher als der Rest Deutschlands. Was sie immer wieder feststellt: Kinder lieben schöne neue Bücher. „Wenn wir an Grundschulen ausliefern, und die Kinder sind da, dann werden wir mit großem Jubel empfangen und alle helfen, die Pakete auszuladen“, sagt Dorothea Gravemann.

Zehn bis 14 Tage nach der letzten Auslieferung macht sich Erleichterung breit, wenn keine Katastrophe passiert ist, alle Bücher an Ort und Stelle sind. Gut ein halbes Jahr später gibt es auf den entsprechenden Portalen dann wieder die ersten Ausschreibungen. Die Bewerbungsphase, bei der die Buchhändler sich auch immer wieder einem Eignungsverfahren unterziehen müssen, startet wieder.

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