Pfarrer Sebastian Appelfeller Gemeinden müssen zusammenrücken

Neuss · Der neue Vorsitzende des Verbands der Evangelischen Gemeinden hat mit der NGZ über sein neues Amt gesprochen.

 Pfarrer Sebastian Appelfeller (32) lebt mit seiner Familie in Gnadental, wo er sich mit seiner Frau Nadine, die derzeit in Elternzeit ist, eine Pfarrstelle teilt.

Pfarrer Sebastian Appelfeller (32) lebt mit seiner Familie in Gnadental, wo er sich mit seiner Frau Nadine, die derzeit in Elternzeit ist, eine Pfarrstelle teilt.

Foto: lh

Herr Appelfeller, seit 1. Februar sind Sie Vorsitzender des Verbands der Evangelischen Kirchengemeinden in Neuss. Wie waren die ersten Wochen?

Appelfeller Ganz schön anstrengend, die Kinder haben sich schon beschwert, dass ich so viel unterwegs bin. Aber ich denke, das ist am Anfang auch normal. Ich freue mich darauf, nun Ansprechpartner zu sein für die evangelische Kirche in Neuss.

Dabei sind Sie erst im vergangenen März als Pfarrer nach Neuss gekommen — und übernehmen nun direkt eine so große Aufgabe.

Appelfeller Bei der mir wichtig ist, dass ich sie nicht alleine übernehme. Der Vorstand des Verbands, der sich aus engagierten Presbytern zusammensetzt, ist für mich eine enorme Stütze, ohne sie könnte ich das nicht stemmen.

Wie wollen Sie den Verband der Evangelischen Kirchengemeinden künftig aufstellen?

Appelfeller Wir wollen uns weiter für die Ökumene einsetzen, und ich bin froh, mit Oberpfarrer Guido Assmann dafür einen guten Partner zu haben. Auch politisch wollen wir ein Zeichen setzen und mit der Aktion "Sonntagstische" am 26. Mai für den Sonntag als Ruhetag eintreten. Kurz bevor steht die Überarbeitung der Verbandshomepage, die ein modernes Antlitz bekommen soll.

In Ihrer Antrittsrede beim Neujahrsempfang der evangelischen Kirche haben Sie an das Gemeinschaftsgefühl der Mitglieder appelliert.

Appelfeller So wie ich nicht alles allein schaffen kann, wird es künftig auch den Gemeinden gehen. Die Kirche steht vor großen Herausforderungen, da kann nicht jeder für sich alleine stehen. Nehmen Sie zum Beispiel den demografischen Wandel: Nicht nur, dass wir mehr Beerdigungen als Taufen haben, auch werden Mitarbeiter fehlen, und zwar in alles Bereichen, vom Jugendbetreuer über den Kirchenmusiker bis zum Pfarrer. Wir haben in Neuss vier engagierte Gemeinden mit 30 000 Mitgliedern, nur gemeinsam schaffen wir es, sie aufrecht zu erhalten. Daher ist es unsere vordringliche Aufgabe, alte Strukturen zu überdenken und uns besser zu organisieren.

Gehören dazu auch Schließungen wie die des Paul-Schneider-Hauses in Erfttal?

Appelfeller Ja, und dazu stehe ich auch. Die Schließung ist notwendig, die Trauer darüber verständlich. Wir führen in Erfttal viele Gespräche mit den Gemeindemitgliedern, werben um Verständnis. Das Gemeindeleben kann in Erfttal auch ohne dieses Haus weitergehen, gerade in Erfttal gibt es dafür viele engagierte Christen. Ich verstehe auch, wenn Menschen wütend sind. Nur: Die Kirche ist noch nicht der Himmel, die Gemeinden stehen unter finanziellem Druck. Dies zu ignorieren, würde uns langfristig viel schlechter bekommen.

Das Problem sind die sinkenden Mitgliederzahlen der Gemeinden?

Appelfeller Das ist eigentlich nicht das vorrangige Problem. Wir sind in Neuss eine starke evangelische Gemeinschaft. Aber viele Mitglieder sind kirchenfern und kennen ihre Gemeinden gar nicht. Diesen Menschen müssen wir zeigen, dass unsere Türen immer offen stehen, dass Kirche Freude macht. Auch dabei gilt wieder: Wenn jeder nur mit einer Stimme spricht, wird er weniger gehört, meist nur von denen, die er eh schon kennt. Wenn wir unsere Stimmen bündeln — und das sehe ich als Teil meiner neuen Aufgabe an — können wir mehr erreichen.

Wie kann die Kirche Menschen wieder für sich gewinnen?

Appelfeller Durch gute Arbeit, aber auch durch gute Ideen, die relevant und interessant sind. Nehmen wir zum Beispiel meinen Gemeindebezirk. Dort hat eine Presbyterin einen ökumenischen Jahreskalender erarbeitet, nicht nur mit kirchlichen, sondern auch mit weltlichen Terminen, vom Schützenzug bis zum Trödelmarkt. Das Heft ist sehr gefragt und wird überall verteilt. Und es zeigt sich, dass es Menschen in unsere Kirche bringt, die sonst diesen Weg nicht gefunden hätten.

HANNA KOCH FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ/rl)
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