Neuss Neustart für den Markt auf dem Berliner Platz

Neuss · Sechs Marktbeschicker trotzen dem Trend: Während andernorts Märkte verschwinden, wollen sie auf dem Berliner Platz neu anfangen.

 Wenn Peter Kamp donnerstags am Berliner Platz seinen Stand aufbaut, ist er nicht alleine. Dienstags aber sieht das ganz anders aus. Das soll sich ändern.

Wenn Peter Kamp donnerstags am Berliner Platz seinen Stand aufbaut, ist er nicht alleine. Dienstags aber sieht das ganz anders aus. Das soll sich ändern.

Foto: woi

Ausdauer wird erwartet. "Innerhalb der ersten sechs Wochen haut keiner ab": Dieses Versprechen hat Johannes Schneider allen Marktbeschickern abgenommen, die mit ihm ein einmaliges Unternehmen starten wollen. Sie wollen den derzeit kümmernden Dienstags-Wochenmarkt auf dem Berliner Platz wiederbeleben. Heute gehen sie diese Arbeit an.

Landauf, landab wird die Situation für Marktbeschicker immer schwieriger. Ihr Versprechen "Frische, Vielfalt, Qualität" — lange ein Alleinstellungsmerkmal — löst heute jeder gut sortierte Supermarkt ein. So schauen viele Berufstätige unter der Woche eher mal dort schnell vorbei. Wenn überhaupt. Denn zu veränderten Einkaufsgewohnheiten kommt noch, dass in vielen Familien nicht mehr regelmäßig gekocht wird. Und wenn, dann auch nicht immer mit frischen Zutaten.

Die Folge ist, dass die "Wagenburg" der Marktstände an einigen Standorten immer kleiner wird. Den Berliner Platz zählt Schneider auch dazu. Nicht am Donnerstag, stellt er klar, wenn sich dort noch einige Händler einfinden. Aber am Dienstag wurde dort zuletzt selten mehr als ein Anbieter gesehen. "In einen Markt muss Leben rein", sagt Schneider. Das funktioniert aber nur, wenn das Angebot stimmt, die Händler verlässlich zu den Marktterminen erscheinen — und das Sortiment groß ist. "Zur Kirmes kommt auch keiner für ein Karussell", sagt Schneider, der amtierender Schützenkönig in Grimlinghausen ist.

Vielerorts hat die allmähliche Verödung der Märkte für die Händler unangenehme Konsequenz, dass die Städte und Gemeinden die Standgebühren anheben, um die durch den Marktbetrieb steigenden Kosten decken zu können. In Hilden ist das gerade erfolgt, Aachen zieht im April nach und erhöht den Preis um 38 Prozent auf 2,29 Euro je Quadratmeter Standfläche. Auch in Bottrop sind solche Veränderungen im Gespräch. In Neuss, so bestätigt Schneider, hat es Erhöhungen bei den Standgebühren länger nicht gegeben. "Die sind noch ganz human", sagt er.

Vor vier Wochen führte der Obst- und Gemüsehändler die ersten Gespräche für einen Neustart auf dem Berliner Platz. Die Stadt sei sofort dafür gewesen, sagt Schneider, denn der Dienstagstermin ist eigentlich etabliert. Und Schneider sprach mit Marktleuten, die ebenfalls sofort bereit waren, diesen Versuch zu wagen. Kollegen, die hinter ihren Produkten stehen, die sie in den meisten der Fälle auch selbst produziert haben. Er selbst steuert Obst und Gemüse aus eigenem Anbau bei. Das verkauft er schon seit gut 30 Jahren. "Es kann doch nicht alles auf Adli und Lidl zulaufen", sagt er fast trotzig.

Um die Märkte am Wochenende macht sich Schneider keine Sorgen. "Dann kommen die Leute, die Spaß am Markt und Zeit haben." Eine Ausnahme macht allerdings der Bauernmarkt auf dem Reuschenberger Kirmesplatz. Um den könnte man sich auch kümmern, sagt Schneider, aber vermutet: "Jetzt wartet sicher jeder erst einmal ab, wie sich die Situation mit dem neuen Supermarkt entwickelt."

(NGZ/rl/ac)
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