Neuss Experte zu Gänsen: "Zoo oder Pfanne"

Neuss · Algenblüte und die große Gänsepopulation – für beide Probleme des Jröne Meerke gäbe es schnelle Lösungen. Doch die will niemand, oder kann sie nicht bezahlen. So setzt die Stadt jetzt auf den Erfolg kleinerer Maßnahmen – und die Zeit.

 Als die Gelege der Gänse am Jröne Meerke ausgehoben werden sollten, fand man keine Eier – aber dafür junge Küken. Damit diese Spielplatz und Grillecke nicht wieder verdrecken, wurde mit dem Bau niedriger Zäune begonnen.

Als die Gelege der Gänse am Jröne Meerke ausgehoben werden sollten, fand man keine Eier – aber dafür junge Küken. Damit diese Spielplatz und Grillecke nicht wieder verdrecken, wurde mit dem Bau niedriger Zäune begonnen.

Foto: L. Hammer

Algenblüte und die große Gänsepopulation — für beide Probleme des Jröne Meerke gäbe es schnelle Lösungen. Doch die will niemand, oder kann sie nicht bezahlen. So setzt die Stadt jetzt auf den Erfolg kleinerer Maßnahmen — und die Zeit.

Neuss ist um eine Vorschrift reicher: Das Füttern von Wildtieren ist verboten. Um diesen Satz erweiterte der Ausschuss für Umwelt und Grünflächen am Donnerstag die Gartensatzung für öffentliche Parkanlagen der Stadt. Hintergrund dieser Maßnahme, auf deren Einhaltung eine extra eingeteilte Parkaufsicht des Grünflächenamtes achten soll, sind die große Gänsepopulation am Jröne Meerke und die Algenblüte, die schon in den nächsten Wochen wieder große Anstrengungen erforderlich macht, um den grünen "Teppich" zu beseitigen. Dabei ist die Stadt der Lösung beider Probleme seit dem vergangenen Jahr kaum näher gekommen.

Eine schnelle Lösung wäre möglich, erklärte Johan Mooij von der Biologischen Station des Kreises Wesel, der als Gänse-Experte die Stadt seit Monaten berät. Das Jröne Meerke mit seinen nur 2,7 Hektar Wasserfläche müsste ausgebaggert, die 80 Zentimeter mächtige Schlammschicht am Grund entfernt werden, sagte er zum Problem Algenblüte. Und bei den Gänsen wäre die schnelle Lösung: "Zoo oder Pfanne — aber weg." Denn das arktische Federvieh am Meerke, das Neuss den Superlativ einbringt, Heimat der größten frei brütenden Schneeganspopulation Europas zu sein, habe — genau betrachtet — in Neuss nichts zu suchen. Mooij: "Irgendjemand hat sie ausgesetzt."

Aber schnelle Lösungen gibt es bei diesen vielschichtigen Problemen nicht. Das Ausbaggern des Sees werde niemand bezahlen können, sagte Grünflächenamtsleiter Stefan Diener. Er lasse Maßnahmen prüfen, um die Algenblüte durch Belüftung oder Mineralisierung der Schlämme zu einzudämmen. Und auch das Thema Gänse wird nicht mit einem großen Halali aus der Welt zu schaffen sein. Dem stehen der Artenschutz und die simple Tatsache entgegen, dass am Jröne Meere keine Jagd erlaubt ist. Obwohl man eigentlich, so Mooij mit Blick auf diese eingeführte Art "jeder Gans, derer man hafthaft werden kann, der Natur entziehen muss."

Es bleiben also nur andere Maßnahmen, die ein hohes Maß an Geduld erfordern, wie Mooij zugab. Neben der Verkleinerung der Gänsezhal durch "Geburtenkontrolle" kommt die Umsiedlung der Tiere an einen anderen See infrage. Denn die Gänse erkennen diej Gegend als Heimat, wo sie fliegen gelernt haben, sagte Moij. Ein solches Ersatzgewässer wurde noch nicht gefunden. Das könnte ein Baggersee sein, doch fehlt den meisten das, was die Gänse brauchen: flache Ufer und ausreichend Weidegrund. Mooij: "Ein neuer Rekultivierungsplan für einen solchen See wäre nötig."

Aber auch am Meerke finden die Schneegänse nicht ausreichend Nahrung. "Sie sind an der unteren Grenze ihrer Kondition", sagte Mooij, der sich auch aus Tierschutzgründen für eine Verkleinerung der Population ausspricht. Doch dabei ist die Stadt — freundlich formuliert — nicht vom Glück verfolgt. Nach einigen Expertengesprächen im Winter wurde im April beantragt, Eier aus den Gelegen der Gänse entfernen zu dürfen. Die Genehmigung ging am Freitag vor Pfingsten ein. Als man nach den Feiertagen zur Tat schreiten wollte und auf die Insel im See ruderte, fand man keine Eier in den Nestern — dafür aber ein bis zwei Tage alte Küken.

(NGZ/anch)
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