Neuss Quoten für den sozialen Wohnungsbau

Neuss · Experten warnen bei den "Neusser Stadtgesprächen" vor Wohnquartieren, in denen nur Reiche oder nur Arme leben. Forderung: Um eine "Durchmischung" zu erzielen, soll künftig kein Neubauprojekt mehr ohne Sozialwohnungen sein.

 "Südliche Furth", ein Vorzeigeprojekt. 2009 zeigte Bauverein-Chef Frank Lubig dem damaligen Bauminister Lutz Lienenkämper und seinem Abteilungsleiter Thomas Janta (v. r.) "wie schön sozialer Wohnungsbau sein kann".

"Südliche Furth", ein Vorzeigeprojekt. 2009 zeigte Bauverein-Chef Frank Lubig dem damaligen Bauminister Lutz Lienenkämper und seinem Abteilungsleiter Thomas Janta (v. r.) "wie schön sozialer Wohnungsbau sein kann".

Foto: Archiv/Woi

Arm und reich, dick und dünn, alt und jung — was wie die erstrebenswerte Mischung für einen lebendigen Schützenzug klingt, ist zugleich auch die Formel für lebendige Wohnquartiere. Um das Ziel der sozialen Stadt konkret anzusteuern, forderte Susanne Benary-Höck beim "Neusser Stadtgespräch" öffentlich: Fixe Sozialwohnungs-Quoten für jedes künftige Neubaugebiet in Neuss. Der Vorschlag der Grünen-Ratsfrau lag damit auf der Linie von Stadtsoziologe Reinhold Knopp, der zuvor gewarnt hatte, keine "Insellösungen" für Reiche oder Arme zu schaffen.

Gut 60 Teilnehmer kamen in die Alte Post, um "Die Zukunft der sozialen Stadt" zu diskutieren. Eingeladen hatten das Agenda-Forum Stadtentwicklung, der Bund Deutscher Architekten (BDA) und das Kulturforum. Der aus Neuss stammende Knopp — mit Lehrstuhl an der Fachhochschule Düsseldorf — warnte vor "Insellösungen" ohne Neusser Beispiele zu benennen. Er könnte aber an das hochwertige und teure Quartier "Marianum" gedacht haben und auch an die "Südliche Furth", wo nur Menschen einziehen können, die einen Wohnberechtigungsschein haben. "Ich wäre gern in die Südliche Furth gegangen", sagt Grünen-Ratsherr Roland Kehl, "aber ohne Berechtigungsschein war nichts zu machen." Seine Schlussfolgerung: "Die Durchlässigkeit muss künftig in alle Richtungen möglich sein."

Die Überlegungen zur sozialen Stadt sind politisch offenbar konsensfähig. Auch Sozialdezernent Stefan Hahn sieht die reale Gefahr, "dass die Gesellschaft in Neuss auseinanderdriftet". Er nannte explizit Erfttal, Derikum und Weckhoven. Der Beigeordnete nannte den Ausländeranteil in Kindergärten: "Das reicht von 22 bis 92 Prozent." Hahn weiter: "Vielleicht müssen wir zu einer neuen Fördersystematik für den sozialen Wohnungsbau kommen." Der ehemalige CDU-Ratsherr Heinz Hick schlug vor "wie in den Nachkriegsjahren" kommunale Finanzierungsfonds aufzulegen, um breiten Bevölkerungsschichten zu ermöglichen, Eigentum zu schaffen. Hick erhofft sich durch solche Finanzierungsfonds neue Impulse für Teile der Breite Straße, der Kapitelstraße und der Büttger Straße.

Unter der einfühlsamen Moderation von Andreas Vollmert stand am Ende das Fazit, dass in Neuss Handlungsbedarf besteht, aber auch gute Chancen vorhanden sind, die soziale Stadt der Zukunft zu gestalten. So bezeichnete Knopp die großen Neusser Wohnungsgesellschaften Bauverein und GWG als "herausragende Akteure", die ihren Beitrag zum sozialen Frieden leisten.

Auch in Neuss steigen die Mieten und die Preise für Wohneigentum. Bezahlbarer Wohnraum sei, so Ratsherr Roland Kehl, nicht nur ein Thema für Hartz-IV-Empfänger, sondern für breite Bevölkerungsschichten, vor allem auch für ältere Menschen. Seit 2007 wurden in Neuss stadtweit 345 öffentlich geförderte Wohnungen errichtet. "Zu wenig", urteilte CDU-Sozialpolitiker Heinz Sahnen bereits vor einigen Monaten und gab damit die Richtung vor.

(NGZ)
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