Neuss Ohne Schuh über Stock und Stein

Neuss · Seit neun Jahren gibt es am Berghäuschenweg an der Erft den Neusser Barfußpfad. Auf 17 Untergründen können Besucher ihre Trittfestigkeit testen – auf Muscheln, Kieseln oder Sand. Ein Praxistest ohne Schuhwerk.

 Praxistest Unsere Autorin Isabelle de Bortoli und ihr Mann Stefan Schweitzer-De Bortoli (hinten links) haben den Barfußpfad gemeistert.

Praxistest Unsere Autorin Isabelle de Bortoli und ihr Mann Stefan Schweitzer-De Bortoli (hinten links) haben den Barfußpfad gemeistert.

Foto: A. Woitschützke

Seit neun Jahren gibt es am Berghäuschenweg an der Erft den Neusser Barfußpfad. Auf 17 Untergründen können Besucher ihre Trittfestigkeit testen — auf Muscheln, Kieseln oder Sand. Ein Praxistest ohne Schuhwerk.

Zwei beherzte Griffe an die Sandalen, dann stehen mein Mann Stefan und ich schon "unten ohne" auf der Wiese. Das Gras ist kühl und trocken, die Zehen betasten vorsichtig die Erde. Der Blick schweift über den Hochzeitshain.

Idyllisch ist es hier, unvermutet weitläufig, mit Bäumen, die einst von jungen Brautpaaren gepflanzt wurden und heute eine ordentliche Größe erreicht haben. Ohne Schuhe geht es über die Wiese zum ersten Feld des Barfußpfads. Das ist schon ungewohnt. Im Sommer in der Wohnung mal barfuß laufen — kommt vor. Aber irgendwo auf einer öffentlichen Wiese? Schon ewig nicht gemacht.

Der erste Belag, den wir betreten, ist Basaltsplitt. Wir sehen kleine, kantige schwarze Steine. Vorsichtig erst den einen Fuß aufgesetzt, Halt gesucht, dann den anderen nachgezogen — und erst einmal herzhaft gelacht. Wer kitzlig unter den Fußsohlen ist, der kommt auf dem Barfußpfad in jedem Fall ins Schmunzeln. Ansonsten ist das Laufen auf dem Split nicht unangenehm, doch beherztes Auftreten fällt schwer. Etwas wackelig auf den Beinen erreichen wir das nächste Stück Wiese.

Flach, warm und angenehm massierend sind die sogenannten Cobra Pebbels auf dem folgenden Feld. Sie haben die Sonne des Tages gespeichert, und auf dem Weg durch die großen Steine braucht man nicht permanent nach unten zu schauen. Zeit also, die Ruhe zu genießen, die Schmetterlinge wahrzunehmen und in die Sonne zu blinzeln.

Für Barfußpfad-Neulinge gibt es aber auch einige richtig gemeine Bodenbeläge. Die Muscheln piksen unangenehm, wir balancieren vorsichtig durch das Feld. Beim "Porphyrsplitt grün" heißt es dann wahrlich: Zähne zusammenbeißen. Unser Co-Barfußläufer gibt ganz auf und flüchtet in den Sand. Klar, dort kommt in der tiefstehenden Sonne fast schon Strandgefühl auf.

"Dass man bei den ersten Gehversuchen auf dem Pfad bei manchen Feldern Probleme hat und ein wenig herumeiert, ist ganz normal", sagt Leon Sztabelski, Vorsitzender des Neusser Verkehrsvereins. "Je öfter man den Pfad läuft, desto besser gewöhnen sich die Füße an das Barfußlaufen." Der Verkehrsverein hatte den Pfad unter dem großen Einsatz seines Mitglieds Detlef Fleischer im Jahr 2003 eröffnet. Inzwischen gibt es 17 Felder, die mit verschiedenen Belägen gefüllt sind.

Mindestens einmal in der Woche sollte man den Pfad begehen, findet Sztabelski. "Barfuß zu laufen ist Erholung für die Füße — aber auch für die Seele. Man entspannt in der Natur — und das Barfußlaufen kräftigt Muskeln und Gelenke, fördert die Durchblutung, regt das Herz-Kreislaufsystem an und stärkt das Immunsystem", wirbt Sztabelski. Ohne Schuhe zu laufen liege eigentlich in der Natur des Menschen: "So fühlt sich der Fuß viel wohler."

Welche Untergründe sich für den Barfußpfad eignen, bespricht der Verkehrsverein mit einem Garten- und Landschaftsarchitekten — und holt sich Anregungen von anderen Barfußpfaden in ganz Deutschland. "Damit der Pfad gepflegt bleibt, schaut jede Woche ein Vorstandsmitglied des Verkehrsvereins nach dem Rechten", sagt der Vorsitzende.

Zurück zu Hause kontrollieren wir unsere Füße: Alles bestens, keine Verletzungen und nur ein bisschen Staub. Eine angenehme Wärme macht sich in den Fußsohlen breit — und ein leichtes Kribbeln. Das motiviert uns zu einer neuen Runde Barfußlaufen — diesmal auf der heimischen Wiese.

(NGZ)
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