Neuss Aleviten richten Gemeindezentrum ein

Neuss · Bis zum Jahresende möchte die muslimische Glaubensgemeinschaft der Aleviten in das Gebäude der ehemaligen Heinrich-Böll-Schule umgezogen sein. Die Baugenehmigung liegt vor und beendet eine jahrelange Suche.

 Muzaffer Durkaya, Zarife Uyar, die Vorsitzende der alevitischen Gemeinde, Ismail Özaykir und Mahmut Yücel planen den Umzug der Glaubensgemeinschaft in ein neues Gemeindezentrum. Das soll ein offenes Haus sein.

Muzaffer Durkaya, Zarife Uyar, die Vorsitzende der alevitischen Gemeinde, Ismail Özaykir und Mahmut Yücel planen den Umzug der Glaubensgemeinschaft in ein neues Gemeindezentrum. Das soll ein offenes Haus sein.

Foto: a. Woitschützke

25 Jahre schon besteht die Gemeinde der Aleviten in Neuss, jetzt endlich kann sich diese muslimische Glaubensgemeinschaft in der Stadt bekannter machen. Mit der Baugenehmigung für ein eigenes Gemeindezentrum haben die Mitglieder der 150 Köpfe zählenden Glaubensgemeinschaft den Auszug aus der Enge der bisher genutzten Räume an der Stephanstraße in Reichweite. Nun planen sie an der Kaarster Straße – auf dem zehnfachen der bisherigen Fläche.

Ein offenes Haus soll das Gemeindezentrum in der ehemaligen Heinrich-Böll-Schule werden, betonen Mahmut Yücel und Ismail Özaykir vom Vorstand der Trägergesellschaft. Eines, das sich auch um eine enge und gute Nachbarschaft mit dem unter dem gleichen Dach beheimateten Theodor-Schwann-Kolleg bemühen will. Das Gemeindezentrum soll aber auch Teil der Nordstadt-Gemeinschaft werden. Die Bruderschaft der Further St.-Sebastianus-Schützen hat immer schon die Tüten nach dem St.-Martins-Zug in der Böll-Schule verteilt, nennt Özaykir ein Beispiel. Das soll so fortgesetzt werden. "Wir haben keine Berührungsängste", betont er.

Zwei Mal musste auf dem Weg zum Gemeindezentrum Bürgermeister Herbert Napp einen dicken Knoten durchschlagen. 2008, als nach einer Klage der Anwohner klar war, dass die Aleviten in einer schon gekauften Halle an der Normannenstraße nicht würden heimisch werden können, brachte er die Böll-Schule ins Gespräch. Ein zweites Mal musste der Behördenchef im Herbst 2012 intervenieren, weil der Verein der Aleviten und das städtische Gebäudemanagement keinen gemeinsamen Nenner fanden. Es ging um den Feuerschutz und die Frage, wie man ein Haus so teilt, dass die beiden neuen Nutzer auch etwa beim Thema Heizen unabhängig voneinander wirtschaften konnten. Napp holte alle an einen Tisch, denn, so sagte er damals, das Thema habe sich schon so "unangenehm lang hingezogen".

Vor 25 Jahren gründete sich der Verein der Aleviten, der schon 1998 Überlegungen anstellte, in, wie es Yücel ausdrückt, eine "würdevolle Umgebung zu schaffen". Ansprechende Räume für die Gebetsstätte aber auch, um Religion und Kultur zu leben. "Wir wollten deshalb in keinem Gewerbegebiet abgesetzt werden, sonst hätten wir schon lange eine neue Bleibe", erinnert Özaykir an die lange Suche. Und er erklärt, warum das neue Haus möglichst zentral gelegen sein sollte. "Wir wollten nicht nur unter uns bleiben."

Das Schulgrundstück übernimmt der Verein in Erbpacht, hat aber eine Kaufoption. Den Umbau, der auch behördlichen Auflagen geschuldet ist, wird zum Teil mit dem Geld bestritten, das aus dem Verkauf der nicht zu nutzenden Halle an der Normannenstraße erlöst wurde. Der allerdings war ein Verlust-Geschäft, sagt der Vorstand. Um darüber hinaus für die Banken kreditwürdig zu werden, gründeten die Aleviten schon 2004 eine eigene Gesellschaft, die als Bauherr auftritt. Aber zum Kapital der Gemeinde gehört auch die so genannte Muskel-Hypothek: Jeder soll freiwillig 40 Arbeitsstunden leisten, damit das neue Jahr in neuen Räumen gefeiert werden kann.

(NGZ)
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