Neuss Aalschokker zum Abwracker?

Neuss · Vandalismus im Sporthafen hat auch vor dem einzigen schwimmenden Denkmal der Stadt nicht Halt gemacht. Wilhelm Wirtz als Eigner will die "Fiat Voluntas" in gute Hände geben. Für "Helena II" sieht er keine Zukunft.

 Die Aalschokker "Fiat Voluntas" (l.) und die größere Helena II (r.) haben die längste Zeit im Sporthafen gelegen.

Die Aalschokker "Fiat Voluntas" (l.) und die größere Helena II (r.) haben die längste Zeit im Sporthafen gelegen.

Foto: A. Woitschützke

Die Vision, als Rentner die Aalfischerei wieder aufzunehmen, wurde Wilhelm Wirtz vor drei Wochen endgültig genommen. Von seinem Orthopäden. Die beiden Aalschokker, die er von seinem Vater geerbt hat und die im Sporthafen fest liegen, empfindet der 50-Jährige deshalb mehr denn je als Belastung. "Helena II" könnte damit zum Abwracken gehen, die seit 1995 unter Denkmalschutz stehende "Fiat Voluntas" (Dein Wille gescheh) aber würde Wirtz am liebsten in gute Hände geben.

Für die Wassersportler sind die Aalschokker seit jeher ein Wahrzeichen ihres Heimathafens, wie ihr Sprecher Franz-Josef Schäfer erklärt. Für die Stadt sind sie ein Beispiel für die Aalfischerei auf dem Rhein, wie sie in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts üblich war. Aus volkskundlichen, ortsgeschichtlichen, technik- und wirtschaftsgeschichtlichen Gründen wurde die "Fiat Voluntas" deshalb unter Denkmalschutz gestellt.

Die Sanierung in einer Kölner Werft im Jahr 1994 war mit Zuschüssen der Landwirtschaftskammer Rheinland sowie aus Mitteln der Denkmalpflege von Land, Kreis und Stadt unterstützt worden. 84 000 Mark hatte die Aufarbeitung insgesamt gekostet. Die Zuschüsse waren an die Bedingung geknüpft, erklärt Heinz Brau von der Unteren Denkmalbehörde, dass das Boot, das 1937 in Holland vom Stapel lief, zehn Jahre im Neusser Sporthafen bleibt. Diese Frist ist ausgelaufen.

Denkmalschutz schützt aber vor Vandalismus nicht. Er habe schon längst aufgehört, die zerschlagenen Scheiben zu ersetzen oder die Boote zu streichen, sagt Wirtz resigniert. Er verfolgt deshalb — und das auch schon länger — den Plan, vor allem die "Fiat Voluntas" aus dem Hafen und damit in Sicherheit zu bringen. Eine Idee, die schon vor mehr als zehn Jahren angeregt wurde, zielte auf eine Verlegung des Bootes zur Hessentorbrücke und damit in den Industriehafen ab. "Da kann ich das Boot gleich anstecken", sagt Wirtz. Aber auch der eigene Plan, das Boot im Garten seines Hauses am Rheindeich und damit auch öffentlich einsehbar aufzustellen, zerschlug sich. Das aus genieteten Stahlplatten gebaute Boot mit einem Gewicht von 50 Tonnen kann über Land kaum dorthin transportiert werden.

Der Telekommunikationstechniker Wirtz, der auf dem Aalschokker geboren wurde und aufwuchs, mit seiner Familie noch bis 1994 an Bord lebte und mit dem Schiff noch bis 2001 auf Fischfang ging, sucht nun nach einer kostenneutralen Lösung für sich. Dabei ist die "Fiat Voluntas" nicht so sehr sein Sorgenkind wie die "Helena II". Wer will ein so großes Schiff kaufen und dann auch den Liegeplatz bezahlen?", fragt er.

(NGZ)
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