Die Schätze Im Schloss Graf Hoorn - der doppelt Betrogene

Moers · Vor 150 Jahren wurde Graf von Hoorn in Brüssel ein Denkmal als Nationalheld gesetzt. Doch aus dem Schatten Egmonds trat er nie hervor. Daran war auch Goethe schuld. Der Graf war der Ehemann von Walburgis von Neuenahr-Moers.

 Das Herz Philipp von Hoorns wurde in einer Urne in der Martinuskirche in Weert bestattet. Die Replik, die Chantal Stapff zeigt, ist eine Leihgabe des Gemeindearchivs Weert.

Das Herz Philipp von Hoorns wurde in einer Urne in der Martinuskirche in Weert bestattet. Die Replik, die Chantal Stapff zeigt, ist eine Leihgabe des Gemeindearchivs Weert.

Foto: klaus Dieker

Er warf seinen Mantel von sich und kniete auf das Kissen - Alles schrie laut auf, als er den tödlichen Streich erhielt. Die Gegenwart von Bewachern und Henkern konnte die Bürger von Brüssel nicht abhalten, ihre Schnupftücher in das herabströmende Blut zu tauchen und diese teure Reliquie mit nach Hause zu nehmen.

So beschrieb Friedrich von Schiller die Hinrichtung von Philipp de Montmorency-Nivelle, Graf von Hoorn in seiner 1815 erschienenen Geschichte des Abfalls der Vereinigten Niederlande von der Spanischen Regierung.

Am 5. Juni 1568 ließ die spanische Regierung Philipp de Montmorency-Nivelle, Graf von Hoorn und Lamoral Graf von Egmond auf dem Marktplatz in Brüssel enthaupten. Die abgehauenen Köpfe wurden auf Stangen gesteckt. Die grauselige Szene sollte der Abschreckung dienen. Doch Egmond und Hoorn galten längst als Freiheitshelden.

Philipp de Montmorency-Nivelle entstammte einem alten französischen Adelsgeschlecht. Nach dem Tod seines Vaters Josef von Montmorency, Graf von Nivelle heiratete seine Mutter Anna von Egmond Graf Johann II. von Hoorn, der Philipp adoptierte.

Philipp erbte die niederländische Grafschaft Hoorn, die Herrschaften Altena und Weert. 1546 heiratete er Walburgis (auch Walburg), die Tochter des Moerser Grafen Wilhelm von Neuenahr-Moers. Philipp zählte zu den reichsten Edelleuten in der Region. Er stand in Diensten des Königs, war Chef des Staatsrates der Niederlande, Admiral von Flandern sowie Gouverneur von Geldern und Züthpen.

Doch die gnadenlose Politik des spanischen Königs Philipp II. trieb den Grafen von Hoorn in die Opposition: Um die Ausbreitung des protestantischen Glaubens zu verhindern, sandte der König Kardinal Granvelle als Minister in die niederländischen Gebiete. Dieser verfolgte grausam die "Ketzer" mit den Mitteln der Inquisition. Der unerbittlichen Machtpolitik Granvelles stellte sich eine Adelsopposition entgegen - geführt von Wilhelm von Oranien, Lamoral Graf von Egmond und Philipp von Hoorn. Sie forderten die Absetzung des Kardinals.

1567 ernannte der spanische König den Herzog von Alba zum neuen Statthalter der Niederlande. Gutgläubig folgten Philipp von Hoorn und Lamoral von Egmond einer Einladung Albas nach Brüssel. Doch dieser ließ beide verhaften: Sie hätten die Ketzerei befördert und sich gegen den König verschworen. Nach neun Monaten Haft wurden die Beschuldigten hingerichtet. Ihr Tod stand am Anfang des letztlich erfolgreichen niederländischen Unabhängigkeitskampfes.

Insbesondere nach der Gründung des Belgischen Nationalstaates 1830 begann man, sich der Freiheitshelden wieder zu erinnern. Doch längst hatte ein anderer Philipp von Hoorn um seinen Platz in der Geschichte betrogen: Johann Wolfgang von Goethe. In seinem Trauerspiel "Egmont" hat er Philipp schlicht weggelassen und damit die weitere Rezeption maßgeblich bestimmt. Ludwig van Beethoven komponierte die Schauspielmusik zu Goethes Egmont; berühmt wurde seine Egmont-Ouvertüre. So ging Philipp von Hoorn - und mit ihm Moers - nicht in die deutsche Literatur- und Musikgeschichte ein.

Vor 150 Jahren, am 16. Dezember 1864, wurde Philipp von Hoorn und Lamoral Graf von Egmond auf dem Großen Platz in Brüssel ein Denkmal gesetzt. 1877 musste es dort weichen und steht seit 1879 auf dem Platz Petit Sablon - im Schatten des Palais Egmont.

(RP)
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