Rechtsstreitigkeiten Verdacht: IHK häuft unzulässig Vermögen an

Krefeld/Mönchengladbach · Seit einem Gerichtsurteil im Frühjahr 2017 hat sich bei der IHK Mittlerer Niederrhein wenig geändert. Die Bildung der Rücklagen ist immer noch umstritten.

 Die IHK am Nordwall in Krefeld wartet mit Spannung auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, welche Instrumente und Verfahren für die Risikobewertung gerichtsfest sind.

Die IHK am Nordwall in Krefeld wartet mit Spannung auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, welche Instrumente und Verfahren für die Risikobewertung gerichtsfest sind.

Foto: ihk

Die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein war sich sicher, den Forderungen des Gerichts aus einem Urteil im März 2017 nachgekommen zu sein und rückwirkend korrekte Beiträge für die Mitglieder ermittelt zu haben. Die Richter in Düsseldorf hatten damals festgestellt, dass eine Ausgleichsrücklage in Höhe von fast neun Millionen Euro gegen die eigenen Finanzstatuten verstoße und zu hoch sei.

Alle Reparaturversuche der IHK scheinen gescheitert. Bei einem erneuten Gerichtstermin vor wenigen Wochen zog die IHK in Düsseldorf während der Verhandlung ihren überarbeiteten Bescheid zurück, wie Lars Wildhagen, Richter und Sprecher des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, bestätigte.

Seit Jahren stehe die Haushaltsführung der IHK Mittlerer Niederrhein (insbesondere die Rücklagenbildung in Millionenhöhe) in der Kritik. Das Gericht habe im März 2017 bei der IHK Mittlerer Niederrhein für die Jahre 2011 bis 2016 eine rechtswidrige Vermögensbildung festgestellt, berichtete Kai Boeddinghaus, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands für freie Kammern (BffK). Die Klage gegen die IHK Mittlerer Niederrhein sei vor dem Hintergrund einer vor Jahren ergangenen Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erhoben worden. Die IHK habe im November 2017 eine rückwirkende Beitragssenkung beschlossen und die weit überhöhte Ausgleichsrücklage um gut drei Millionen Euro auf immer noch knapp 5,5 Millionen Euro abgesenkt. Auf dieser Grundlage seien erneute Beitragsbescheide für die Wirtschaftsjahre ab 2015 ergangen. Auch gegen diese Bescheide seien Klagen erhoben worden, von denen vor dem Verwaltungsgericht jetzt eine erste verhandelt wurde, so Boeddinghaus.

Aus Sicht des BffK sei die Rücklage immer noch überhöht und die rückwirkende Heilung in der Form unzulässig. „Sehr schnell zeigte sich, dass das Gericht den erheblichen Aufwand, den die IHK mit dem Heilungsversuch unternommen hat, zwar zur Kenntnis nahm, juristisch davon aber nicht überzeugt war“, schreibt der BffK-Bundesgeschäftsführer. Als Konsequenz habe die IHK Mittlerer Niederrhein noch im Gerichtssaal den beklagten Bescheid aufgehoben. „Die IHK steht nun vor einem Scherbenhaufen. Denn nach wie vor muss jedwede Form der Beitragsveranlagung für die Jahre bis einschließlich 2016 als rechtswidrig angesehen werden“, kommentierte Boeddinghaus den Rechtsstreit. Aus Sicht des BffK zeige dieser Fall einmal mehr die strukturelle Problematik einer millionenschweren rechtswidrigen Vermögensbildung auf Kosten der Zwangsmitglieder auf.

Die IHK Mittlerer Niederrhein verschicke jährlich rund 40.000 Beitragsbescheide. Dass gegen einen einzelnen Bescheid geklagt werde, komme mitunter vor, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz auf Anfrage unserer Redaktion. „Im Dezember 2019 verhandelte das Verwaltungsgericht Düsseldorf über die Klage eines Mitgliedsunternehmens gegen die Heranziehung zum IHK-Beitrag für 2015. Die Kernfrage war, ob die Ausschüttung von drei Millionen Euro an die IHK-Mitgliedsunternehmen und die Reduzierung von Risikorücklagen im Jahr 2017 als eine ausreichende Reaktion auf das Urteil vom März 2017 anzusehen waren“, erklärte Steinmetz.

Da dieselbe Frage bereits Gegenstand eines Berufungsverfahrens beim Oberverwaltungsgericht (OVG) sei, habe die IHK zur Abkürzung des Verfahrens den Bescheid aufgehoben. Die IHK warte jetzt die Entscheidung am OVG ab. Die Beitragserhebung erfolge seit der Wirtschaftsplanung im Jahr 2017 auf der Grundlage des durch das Bundesverwaltungsgericht (BVG) aufgestellten neuen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit, informierte Steinmetz. Weiteren Aufschluss über künftige Verfahrensweisen zur Berechnung der Risikorücklagen soll ein Urteil des BVG am 22. Januar liefern.

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