Kolumne Mensch Gladbach Die Stadt katzbuckelt nicht mehr

Mönchengladbach · Können Sie sich noch an ECE erinnern? An den Tunnel unter der Steinmetzstraße? An Giesenkirchen 2015 und das Ampel-Bündnis? Was das mit dem neuen Rathaus zu tun hat, lesen Sie hier.

 Die Pläne für das neue Rathaus.

Die Pläne für das neue Rathaus.

Foto: Stadt MG

Mönchengladbach baut ein neues Rathaus. Nein, wird jetzt Baudezernent Gregor Bonin sagen. Und in dieses „Nein“ stimmen die Spitzen von CDU und SPD ein. Womit sie faktisch recht haben: Bisher gibt es lediglich einen Grundsatzbeschluss, dass die Pläne nach der Wirtschaftlichkeitsrechnung weiter verfolgt werden, dass es einen Architektenwettbewerb gibt und dass man alles umpolt, wenn sich eine neue Sachlage ergeben sollte. Okay. Aber glauben Sie ernsthaft, dass es einen Rückzieher geben wird, wenn ein mit Glanz und Gloria versehener Architektenentwurf auf dem Tisch liegt und sich alle ganz beseelt davon in den Armen liegen? Im Leben nicht. Und wenn Sie mich fragen, ob sich die Stadt dies antun darf, sollte, kann? Ja, sie sollte es. Es ist die richtige Entscheidung. Alles andere wäre unklug und beim riesigen Sanierungsstau in den derzeit genutzten städtischen Verwaltungshäusern wirtschaftlich nicht haltbar.

Dass Mönchengladbach über den Bau eines neuen Rathaus überhaupt nachdenken darf, ist viel dem Stärkungspakt zu verdanken, den die CDU nicht wollte, der der Stadt aber einen ausgeglichenen Haushalt bescherte und sie handlungsfähig machte. Nun setzen wir uns mal in eine Zeitmaschine und rasen wir zwölf Jahre zurück. Da war hier in der Stadt der Investor ECE aktiv und wollte das Einkaufszentrum bauen. Und diktierte die Bedingungen: mal eben kurz über die Steinmetzstraße und rein bis ins Gründerzeitviertel. Einkaufen sollten die Kunden nur im Erdgeschoss, die Stadt hätte einen Tunnel für die Steinmetzstraße bauen und dafür elf Millionen Euro in die Hand nehmen müssen. Kämmerer Bernd Kuckels fühlte in Düsseldorf vor, ob wegen des Schuldenbergs die Bereitschaft bestehen könnte . . .

Die Geschichte brauchen wir nicht weiter aufzurollen. Seitdem ist viel geschehen in der Stadt. Mönchengladbach sitzt nicht mehr am Katzentisch, wenn etwas zu vergeben ist und muss nicht katzbuckeln. Die Stadt hat an Selbstbewusstsein gewonnen, weil die Eckdaten ins Positive drehten. Und auch die Bürger tragen den Kopf oben, opponieren und wenden sich entschlossen gegen Hinterzimmer-Politik, sie wehren sich, wenn sie anderer Meinung als die politisch Handelnden sind.

Die Zeit von OB Norbert Bude, das Ampel-Bündnis, die Bürgeraktionen gegen „Giesenkirchen 2015“ und den Bau einer neuen Stadtbibliothek, die jetzige Groko-Verbindung – alles das war und ist wichtig für die Stadt, auch wenn man mit Entscheidungen und Entwicklungen immer noch oder wieder hadern kann. Aber sie haben mitgeholfen, einer Stadt, die in Agonie und Selbstmitleid zu verfallen drohte, wieder Auftrieb zu geben. Dazu gehört auch, über ein neues Rathaus nicht nur nachzudenken, sondern es auch in Rheydt zu bauen, wenn die Rahmendaten so bleiben, wie sie berechnet sind.

Warum ich dies heute alles schreibe? Weil es meine letzte Kolumne, meine letzten Zeilen als Redakteur der Rheinischen Post sind. Mehr als 23 Jahre Chronist in Mönchengladbach enden. Machen Sie’s gut.

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