Mönchengladbach Afrikanische Tragödie in Erstaufführung

Mönchengladbach · Das Drei-Personen-Stück "Hagel auf Zamfara" der nigerianischen Autorin Sefi Atta wird am Sonntag erstmals in Mönchengladbach aufgeführt. In dem Schauspiel geht es um die Scharia. Regie führt der Nigerianer Nicholas Monu.

 Marianne Kittel spielt in "Hagel auf Zamfara" die Hauptrolle.

Marianne Kittel spielt in "Hagel auf Zamfara" die Hauptrolle.

Foto: Matthias Stutte

Diese Inszenierung ist einzigartig. Weil sie die erste überhaupt ist von "Hagel auf Zamfara". Das Stück der nigerianischen Autorin Sefi Atta ist im Oktober 2011 am Krefelder Theater uraufgeführt worden. Bekannter als damit ist Atta in Europa bisher dank ihrer Romane "Sag allen, es wird gut!" und "It's my turn!" geworden. Zunächst verarbeitete die 1964 geborene Sefi Atta das Thema – eine Frau, fälschlich der Untreue beschuldigt, wartet in einer Zelle in Nigeria auf ihre Steinigung – den Stoff als Kurzgeschichte. Später formte sie daraus ein Drei-Personen-Stück.

Nicholas Monu, 1965 in der Hauptstadt Nigerias, Lagos, geboren, weiß um den gewaltigen Umbruch in der Gesellschaft seines Heimatlandes. "Früher ging es in Nigeria tolerant zu, man durfte über alles diskutieren, auch über den Islam", sagt Monu im RP-Gespräch. Doch seit zwölf Jahren sei das rückwärtsgewandte islamische Recht der Scharia in breiter Front auf dem Vormarsch. "Ich habe großen Respekt vor der Religion Islam, es ist eine schöne Religion", sagt Monu, "aber der zunehmende Druck, der auf den Menschen lastet, das Verbot, Dinge in Frage zu stellen, ist unerträglich geworden!" Dagegen schreibe zum Beispiel Sefi Atta mit ihrer Geschichte aus der nördlichsten Region Nigerias, Zamfara, an. So gehe es in "Hagel auf Zamfara" gar nicht um den Islam, sondern um ein "System der Bespitzelung, das dem der Stasi in der ehemaligen DDR stark ähnelt", urteilt der 48-jährige Regisseur, der seine muslimische Religionszugehörigkeit aufgegeben hat. "Das Stück vermittelt den wachsenden Druck von oben und zeigt, was dieser mit den Menschen anrichtet", ergänzt Monu.

Bei der Übertragung der Inszenierung aus der Krefelder Fabrik Heeder werde der Aspekt der "Intimität" um so bestimmender, als das Rheydter Theaterstudio und seine Bühnenfläche deutlich kleiner sind als die Heeder'sche Studiobühne.

Die Handlung: Eine Frau ist wegen angeblichen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt worden. Sie sitzt allein in einer Gefängniszelle und erinnert sich des Geschehenen: wie ihr Mann anfing, sie zu prügeln, wie er sich eine Zweitfrau nahm, ein 14-jähriges Mädchen, das ihm den ersehnten Sohn gebar. Marianne Kittel spielt die Eingekerkerte. Adrian Linke gibt in Rückblicken den Ehemann, Helen Wendt die junge Zweitfrau sowie eine Reporterin.

Nicholas Monu ist ausgebildeter Schauspieler, geprägt durch die Stanislavskij-Schule, die kalkuliertes, intellektuell gesteuertes Spiel über den emotionalen Output stellt. So bekennt der Regisseur: "Ich arbeite vornehmlich auf der Basis von Gedanken, weniger mit Emotionen, ich verstehe den Menschen von seinem Gehirn her." Monu wurde als erster Afrikaner 1994 Mitglied der Berliner Schaubühne. Auch am Burgtheater und an der Wiener Volksoper hat er gewirkt. Er ist mit einer Österreicherin verheiratet.

Das Spiel in "Hagel auf Zamfara" vollzieht sich auf einer fast leeren Bühne, die Frank Hänig gestaltet hat. Ein Magisches Quadrat spielt als Emblem eine Rolle, und es gibt Musik: Der Krefelder Klaus Hackspiel sorgt auf afrikanischen Trommeln für Atmosphärisches.

(RP)
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