Areal Böhler Industrie-Charme inspiriert Künstler

Meerbusch · Das Areal Böhler bietet in den ehemaligen Gebäuden und Hallen des alten Stahlwerks zahlreiche Räume für Büros, Firmen und Werkstätten. Auch einige Künstler haben auf dem Areal ihre Ateliers eingerichtet

 Künstler Christof Hartmann verbindet in seinem Österreichischen Wirtschaftsbüro Kunst und Wirtschaft. Schon seit 1992 arbeitet er auf dem Gelände von Böhler-Uddeholm – damals gab es das Areal Böhler noch nicht.

Künstler Christof Hartmann verbindet in seinem Österreichischen Wirtschaftsbüro Kunst und Wirtschaft. Schon seit 1992 arbeitet er auf dem Gelände von Böhler-Uddeholm – damals gab es das Areal Böhler noch nicht.

Foto: Ulli Dackweiler

"Österreichisches Wirtschaftsbüro" steht an der Tür. Der Name lässt vieles hinter dieser Tür vermuten, aber auf ein Kunstatelier werden wohl die wenigsten tippen, die das Schild in Gebäude 37 des Areals Böhler sehen. Betritt der Besucher jedoch das Wirtschaftsbüro, so wird ihm schnell klar: Hier sind tatsächlich Künstler am Werk. Überall stehen Leinwände mit dick aufgetragenen Farben und wilden Mustern. Auch einige Skulpturen liegen auf dem Boden.

 Rosario von Metternich richtete 1997 ihr Atelier in Gebäude 18 des Areals ein. Dort verbringt sie einen Großteil des Tages und lässt sich von der industriellen Umgebung inspirieren.

Rosario von Metternich richtete 1997 ihr Atelier in Gebäude 18 des Areals ein. Dort verbringt sie einen Großteil des Tages und lässt sich von der industriellen Umgebung inspirieren.

Foto: Dackweiler, Ulli (ud)

Kunst ist aber nicht nur das, was sich an den ansonsten weißen Wänden und auf dem Boden wiederfindet, das ganze Konzept des Österreichischen Wirtschaftsbüro ist ein Kunstgebilde. "Entstanden ist es eigentlich aus der Not", sagt Marie-Charlotte Hoffmann. Die Medizinerin und Künstlerin ist vor einigen Jahren in das kleine Unternehmen ihres Studienkollegens Christof Hartmann eingestiegen.

Der hatte sich bereits 1992 auf dem heutigen Areal Böhler angesiedelt. "Ich habe an der Kunstakademie studiert und halbtags für die österreichisches Handelsdelegation gearbeitet. Über die habe ich bei Böhler Lagerräume bekommen", sagt Hartmann, der in Düsseldorf geboren wurde und dort noch heute lebt.

"Damals war das hier noch richtige Industrie, und man kam nur mit einer Einfahrerlaubnis auf das Gelände. Heute ist alles offen", sagt der 53-Jährige. Als es mit der Stahlproduktion schon bald zu Ende ging, habe er mit den Mitarbeitern mitgelitten und -gebangt. "Daher hat es mich sehr gefreut, dass der Konzern mit der Vermietung der Gebäude vielen Mitarbeitern eine Chance geboten hat, sich selbstständig zu machen oder bei den neuen Firmen unterzukommen", sagt der Künstler.

Er selbst ergriff ebenfalls die Chance, sich auf dem geschichtsträchtigen Gelände ein eigenes Atelier einzurichten. Morgens trug Hartmann Anzug und Krawatte für die Treffen mit den Wirtschaftsvertretern, mittags ging's über Jahre ins Atelier, um zu malen. "Die bis heute ständig neuen Stadien des Areals sind Inspiration", sagt Hartmann- Veränderungen gab es auch bei Hartmann selbst einige: 2001 wurde das Kunstatelier dann plötzlich zum Wirtschaftsbüro. "Die Österreicher gingen aus Nordrhein-Westfalen weg, und ich sollte die wirtschaftlichen Kontakte für sie aufrechterhalten", sagt Hartmann.

Irgendwann wurde die Arbeit so viel, dass er sich mit seiner Künstler-Kollegin Hoffmann Verstärkung holte. Sie zieht derzeit vor allem EU-Projekte zum Wissenstransfer an Land, deren Budgets im Millionenbereich liegen und internationale Kooperationen erfordern.

"Die Zeit für die Kunst wurde immer weniger, aber die Möglichkeiten Kunst und Wirtschaft zu verbinden immer mehr", sagt Hoffmann. Jetzt, wo das Büro finanziell gut dastehe, wollen sich die beiden wieder vermehrt auf ihre künstlerische Arbeit konzentrieren. "Wir wollen nochmal neu durchstarten und die Verbindung von Wirtschaft und Kunst professionalisieren", sagt Hoffmann. Daher sei es auch gar nicht so unpassend gewesen, dass sie Anfang des Jahres umziehen mussten. "Weil in der Halle in der wir vorher waren bald wieder Hochöfen laufen werden, mussten wir in Gebäude 22 ziehen", sagt Hartmann. Der helle Raum mit den weißen Wänden sei jedoch ideal, um die Kunst wieder besser zu präsentieren.

Ihre Kunstwerke präsentiert auch Rosario von Metternich seit 1997 auf dem Areal Böhler. Ihr lichtdurchflutetes Atelier liegt in Gebäude 18 direkt unter dem Dach. Von dort überblickt die Künstlerin fast das gesamte Areal. "Das muss man mal nachts gesehen haben, wenn hier alles beleuchtet ist", sagt von Metternich. Diese Atmosphäre und das tolle Licht in dem Atelier inspiriere sie zu neuen Ideen.

Konzentriert hat sie sich seit ihrem zweiten Studium in Florenz von 1983 bis 1986 auf die Porträt-Malerei. Das ist auch in ihrem Atelier, das sie sich mit ihrem Kollegen Bernd Kohlhas teilt, unübersehbar: Überall stehen Bilder, die Menschen zeigen. Beim Blick aus dem Fenster, beim Baden, im Sitzen oder Stehen. Besonders ins Auge fällt das Porträt von der Nichte der Künstlerin, die fast lebensgroß mit einem Computerspiel gezeigt wird. Das Areal Böhler ist auch für von Metternich der ideale Ort zum Malen: "Es ist so inspirierend, weil es hier viele verschiedene Firmen gibt und man mit den Leuten ständig in Kontakt ist". Auch die Geräuschkulisse der ganzen Maschinen genieße sie. Ähnlich geht es da Christof Hartmann. "Ich freue mich immer wieder darüber, wie vital das Areal ist."

(RP)
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