Susanne Fischer "Wupper auf dem Weg zur Lebensader"

Leverkusen · Die Pressesprecherin des Wupperverbands spricht über die Qualität der bergischen Gewässer, wie Kontrollen aussehen und was jeder zur Sauberhaltung beitragen kann.

 Seit dem Ausbau der großen Kläranlagen in den 1990er-Jahren hat sich die Qualität des Wupperwassers stetig verbessert.

Seit dem Ausbau der großen Kläranlagen in den 1990er-Jahren hat sich die Qualität des Wupperwassers stetig verbessert.

Foto: Wupperverband

Wie ist der Zustand der Gewässer im Bergischen Land , Frau Fischer?

Fischer Im Gebiet, für das der Wupperverband verantwortlich ist, haben wir in den vergangenen Jahren eine sehr positive Entwicklung festgestellt, besonders durch unsere Projekte zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Das sieht man vor allem an der Wupper, die sich wirklich gemausert hat. Viele kennen sie noch als recht toten Fluss, der vor allem von Abwassereinleitungen beeinträchtigt wurde. Heute ist die Wupper wieder auf dem Weg zur echten Lebensader.

Wie hat er sich verändert?

Fischer In den früheren Jahrhunderten war die Wupper ein sehr sauerstoffreicher Fluss mit vielen Fischarten - das war vor der Industrialisierung. Das 19. Jahrhundert ist ein Wendepunkt gewesen. Es gab keine Kläranlagen und kein Kanalsystem. Weil alle Abwässer der Industrie und der wachsenden Bevölkerung ungefiltert in den Fluss geleitet wurden, hat es dann nicht lange gedauert, bis er tot war. Man hat erkannt, dass es so nicht weitergehen konnte, und so wurde in Barmen und Elberfeld 1906 die erste Kläranlage gebaut. 1930 wurde der Wupperverband gegründet, in den folgenden Jahrzehnten hat der Verband Kläranlagen gebaut, die Klärtechnik hat sich immer weiter entwickelt. In den 1990er-Jahren war der Ausbau der großen Kläranlagen ein Meilenstein für die Verbesserung der Wupper. Heute haben wir wieder Lachse in der Wupper.

Wie oft werden welche Gewässer vom Wupperverband kontrolliert?

Fischer Wir kontrollieren hauptsächlich die Wupper und die Dhünn. Es gibt monatliche Prüfungen, in denen die Chemie kontrolliert wird. Einmal im Jahr wird nachgesehen, welche Kleinstlebewesen angesiedelt sind. Das ist wichtig, weil entsprechende Populationen auch etwas über die Wasserqualität aussagen. In kleineren Bächen - man muss bedenken, dass wir rund 2300 Kilometer Bäche und Flüsse haben - wird einzelfallbezogen oder bei Projekten kontrolliert. Auch das Land und die Kommunen machen Untersuchungen zur Wasserqualität, so setzt sich ein Bild zusammen.

Wonach wird dabei vorgegangen?

Fischer Als Grundlage gibt es die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die als Ziel hat, dass die Gewässer einen guten ökologischen Zustand haben. Das bedeutet nicht nur, dass das Wasser sauber ist, sondern auch, dass die entsprechenden Tiere und Pflanzen darin vorkommen. Daher gibt es die unterschiedlichen Untersuchungen.

Wie läuft eine Gewässerkontrolle ab?

Fischer Für Temperatur, pH-Wert oder Sauerstoffkonzentration werden direkt vor Ort Proben untersucht. Andere Komponenten, wie etwa die Kleinstlebewesen, werden in den Proben im Labor bestimmt.

Was wird gefunden, wenn ein Gewässer nicht ohne Befund ist?

Fischer Das kann ganz unterschiedlich sein. Wenn etwa bestimmte Arten von Kleinlebewesen oder Fische nicht oder nicht in der gewünschten Menge vorhanden sind. Man hat eine Idealvorstellung davon, was in einem Bach im Bergischen Land vorkommen soll. Und wenn das bei den Proben abweicht, dann kann das auf Defizite hinweisen.

Was macht "gutes Wasser" aus?

Fischer Früher hat man gesagt: Gutes Wasser beziehungsweise ein gutes Gewässer muss sauber sein, die Kläranlagen müssen gut funktionieren. Durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie sind auch andere Faktoren wichtig geworden, etwa eine naturnahe Struktur, keine technischen Einbauten im Uferbereich oder Hindernisse, zum Beispiel Wehre. Der Fischbestand sowie Flora und Fauna sollen entsprechend vorkommen. Aber natürlich haben wir verschiedene Nutzungen - keiner würde auf die Idee kommen, zu sagen: Die Große Dhünn-Talsperre ist ein Hindernis im Flusslauf und muss weg. Es geht eben um vernünftig lebbare Kompromisse. Ein gutes Gewässer ist also nicht einfach nur sauber, sondern auch naturnah.

Woran können Bürger erkennen, dass ein Gewässer nicht in Ordnung ist?

Fischer Tote Fische in größeren Mengen sind natürlich ein besorgniserregender Indikator. Trübungen oder Verfärbungen des Gewässers können ebenfalls Hinweise sein, dass etwas nicht in Ordnung ist - genau wie extreme Schaumbildung. Manchmal kann man es auch daran erkennen, wenn man im Bach einen Stein hochhebt und der auf der Unterseite schwarz ist.

Welche Maßnahmen werden zum präventiven Gewässerschutz vom Wupperverband unternommen?

Fischer Zum einen der Betrieb und die kontinuierliche Optimierung unserer Kläranlagen. Aber auch die Kommunen und die Kanalnetzwerkbetreiber sind mit an Bord. Ökologisch betrachtet ist die Gewässerentwicklung wichtig für den präventiven Gewässerschutz: Freiraum in der Aue oder geschwungene Bachläufe helfen dem Gewässer, sich selbst zu helfen. Die Selbstreinigungskräfte werden so aktiviert.

Und was kann jeder Einzelne dazu beitragen?

Fischer Ein Stichwort ist der Plastikmüll - derzeit ist oft die Rede vom Mikroplastik in Gewässern. Es ist ein wichtiges Anliegen, dass so etwas gar nicht erst im Bach landet. Wir appellieren auch an Menschen, deren Grundstücke nah an Bächen sind, keine Pestizide einzusetzen. Grünschnitt sollte auch nicht am Bach gelagert werden, weil der beim nächsten Regen dann oft weggespült wird und den Bach verstopft. Grundsätzlich sollte man möglichst ökologische Produkte, zum Beispiel Reiniger, im Haushalt verwenden und keine Chemie, etwa Medikamentenreste, in der Toilette entsorgen.

Welche Rolle spielt die Landwirtschaft - Stichwort: Gülle?

Fischer An den Gewässern und in den Einzugsgebieten der Talsperren ist die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft sehr wichtig. Gerade an den Trinkwassertalsperren haben wir seit 25 Jahren eine erfolgreiche Kooperation im vorsorglichen Gewässerschutz. Innerhalb der Kooperation werden Landwirte unter anderem zur Düngeausbringung beraten. Man muss zusammenarbeiten - das funktioniert überwiegend sehr gut. Wir sind stolz darauf, dass wir in unserer Region sehr niedrige Nitratwerte im Rohwasser der Trinkwassertalsperren haben. Ein Erfolg dieser guten Kooperation.

WOLFGANG WEITZDÖRFER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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