Leverkusen Immer mehr Flüchtlinge brauchen Rat

Leverkusen · 6536 Mal holten sich Leverkusener 2017 bei der Verbraucherzentrale Rat. An der Spitze der Probleme: Ärger im Bereich Telekommunikation.

 Bernhard Pilch (M.), Chef der Leverkusener Verbraucherzentrale, arbeitet seit März mit den beiden neuen Kollegen Elisabeth Schoemakers und Sven Friese die Anliegen von Bürgern ab, die Ärger etwa mit Inkassobüros haben.

Bernhard Pilch (M.), Chef der Leverkusener Verbraucherzentrale, arbeitet seit März mit den beiden neuen Kollegen Elisabeth Schoemakers und Sven Friese die Anliegen von Bürgern ab, die Ärger etwa mit Inkassobüros haben.

Foto: LH

250 Euro Handy-Grundgebühr - das kam einer Familie irgendwann merkwürdig vor. Nach einem halben Jahr, in der die Familie den Betrag brav monatlich überwies und so 1500 Euro los war, machte sie sich auf den Weg zur Dönhoffstraße 27. Dort sitzt die Verbraucherzentrale. Und deren Mitarbeiter kennen Probleme im Telekommunikationsbereich zur Genüge. "Mehr als 45 Prozent unserer Rechtsberatungen und -vertretungen laufen in dem Bereich", sagt Bernhard Pilch, Leiter der Leverkusener Einrichtung. Deren Erfahrung: Da werden Menschen in manchen Mobilfunkshops Verträge einfach untergejubelt. Die 250-Euro-Grundgebühr-Familie etwa habe im Laden für acht Verträge unterschrieben. So seien die Grundkosten zustande gekommen.

"Da werden die Verträge nicht ausgedruckt, so dass man sie in Ruhe zu Hause lesen kann, sondern über das Tablet den Kunden vorgehalten, und die sollen dort zügig unterschreiben", ergänzen Elisabeth Schoemakers und Sven Friese, die Neuen im Team. Problem: Wer im Laden einen Vertrag unterschreibe, könne nicht vom Widerrufsrecht Gebrauch machen. Dann versuchen die Verbraucherschützer zu retten, was gerettet werden kann.

Im vergangenen Jahr suchten 6536 Bürger Hilfe bei den Leverkusener Verbraucherschützern, 2016 waren es noch mehr, nämlich 6668. Aber Ratsuchende greifen etwas seltener zum Telefon, kommen lieber persönlich vorbei. Ein Grund: Es suchen immer mehr Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund die Verbraucherschützer auf. Wegen Sprachproblemen seien sie "ein gefundenes Fressen" für dubiose Geschäftemacher, sagt Pilch bei der Vorstellung der Bilanz für 2017.

Auch für die Verbraucherschützer ist die Verständigung nicht einfach. "Amtssprache ist Deutsch, wir dürfen die Gespräche nicht auf Englisch führen", erläutert Schoemakers, die sich mit Friese die Beraterstelle teilt, die zuvor Andreas Nawe in Vollzeit besetzte. Zwar könne die Verbraucherzentrale Sprachmittler buchen. Das koste aber Zeit. "Besser ist, wenn jemand, der unserer Sprache nicht so mächtig ist, jemanden zum Dolmetschen mitbringt."

Apropos Menschen aus fernen Ländern: In der Reihe von Neppern, Schleppern, Bauernfängern kann Bernhard Pilch etliche Maschen aufzählen. Eine, die 2017 hochkochte, war diese: Ein Anrufer lässt es einmal klingeln, legt dann auf. "Die Leute sind neugierig und rufen zurück, unter anderem weil sie an der Vorwahl zu erkennen glauben, dass es sich um einen Anruf aus Deutschland handelt", erzählt Pilch. "Aber die Vorwahlen sind fingiert und führen den Anrufer ins Nicht-EU-Ausland. Wer meint, er rufe in Dortmund zurück, kommt dann in Liberia raus, weil die Landes- und die Ortsvorwahl sich ähneln." Dort hänge der Anrufer dann erstmal in der Warteschleife. "Und über diese Kosten werden Verbraucher dann kräftig abgesahnt." Bernhard Pilch gibt Bürgern mit auf den weg, was er auch den Ratsuchenden in der Anlaufstelle der Verbraucherzentrale präventiv immer sagt: "Es ist nicht unhöflich, wenn Sie nicht zurückrufen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort